Bellende Kinder beißen nicht, oder?

Ich gestehe, die Aussage eines führenden Gastronoms hat mich irritiert: „Hunde sind mir lieber als Kinder.“ ... Eh. Süß. Der Chihuahua als neuer Stammgast – und das Kind als Störfaktor? Hmm. Die neue Realität scheint fast so: Wer heute „Wau-wau“ bellt, liegt gesellschaftlich voll im Trend. Kinder hingegen werden zunehmend als Lärmquelle mit Windelbedarf gesehen. Auch am Arbeitsplatz.
Sie gelten als en vogue und besonders knuffig: Bürohunde! – Unsere Stressregulatoren, Teamplayer und Instagram-tauglichen Feelgood-Maskottchen werden nicht nur toleriert, sondern regelrecht gefeiert.
Doch wehe, ein Kind nähert sich auch nur ansatzweise dem Drucker: Dann steht der Brandschutzbeauftragte quasi schon in Alarmbereitschaft.
Man stelle sich das so vor: Eine Kollegin bringt ihren Vierbeiner mit zur Arbeit – „Awww wie süß!“; „Darf ich ihn mal streicheln.“ Bringt sie jedoch ihr Kind mit (hoffentlich nicht auch noch schnupfengeplagt) erntet sie fragende Blicke. Wie soll man in Gegenwart eines Kindes produktiv arbeiten? Wenn ständig jemand die Tischkante vollsabbert? ...
Sitz! Platz! Betreuungs-Platz?
Während der Bürohund also zum Aushängeschild der modernen Arbeitskultur wird, mangelt es weiterhin an flächendeckenden Kinderbetreuungsplätzen ... Einziger Unterschied? Hundehalter beantragen weder Karenz noch Pflegeurlaub. (Noch nicht.)
Der neue Trend der Prioritätensetzung setzt sich auch in der Gastro durch. Wo früher das „Mickey-Maus-Menü mit Buntstiften“ Standard war, heißt es heute „vegane Leckerlis für Bello“.
Eh klar, ein Hund jammert nicht, wenn das Essen zu lange dauert; verschüttet keinen Saft; und braucht auch keinen Wickeltisch oder Kinderstuhl. Verständlich, dass er bei vielen Wirten deshalb beliebter ist. Aber ist das wirklich fortschrittlich?
Hundekeks als Währung?
Mal ehrlich: Ganz ohne Hunde-Bashing oder Glaskugel – Der Mops wird später wohl nicht ins Pensionssystem einzahlen, der Pudel nicht zum Pfleger oder der Dackel uns beim Papierkram helfen. Auch wenn die süßen Vierbeiner zweifellos ihre Berechtigung haben! Dennoch sind die Kinder (diese lautstarken Kreaturen mit klebrigen Fingern) die Zukunft. Nicht nur unsere persönliche, sondern auch die wirtschaftliche und gesellschaftliche. Vielleicht wär’s ja mal Zeit für ein Überdenken der Prioritäten.
Nicht, dass wir irgendwann im Fressnäpfchen landen.