Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 6. März 1965 Kitzbüheler Anzeiger - Seite 5 Bildhauer Stefan Silberberger - zum Gedenken Am 12. Februar 1965 starb im Hause seiner Mutter in Kramsach der bekannte Bildhauer und Bildschnitzer Stefan Sil- berberger im Alter von 87 Jahren. Be- graben wurde er auf eigenen Wunsch auf dem Friedhof in Mariathal im Branden- berger Tal, wo auch das von ihm geschaf- feiie Kriegerdenkmal steht. Am offenen Grabe hielt dein greisen Künstler und „Maria.-Stein-Heimkehrerkameraden" der Obmann der Landsturmvereinigung „Maria Stein" Michael Riedl aus Kufstein, der zusammen mit dem Verstorbenen den Feldzug des 1. Tiroler Landsturmregi- ments 1914 in Serbien mitgemacht hatte, einen ehrenden Nachruf. Riedl zeichnete in markanten Worten den „Kriegskame- raden" Silberberger, den Dichter der „La- wa rone Wespen" und herzlich-rauhen auf- rechten Tiroler. Von den 600 Land'stür- ni.ern, die in blutigen Stürmen den Kre- men genommen hatten, um aber im letz- ten Akt des fürchterlichen Dramas mit Zusammenbruch und schaurigem Rückzug - bekannt als „dreckigstes Kapitel" des Ersten Weltkrieges - die größten Ver- luste zu erleiden, leben nur mehr 36 Mann, dar jüngste 82 und der älteste 94 Jahre alt, in Kitzbühel nur mehr Bäcker- meister Hugo Pirchl. In jenen Schreckens- tagen entstand das Gelübde, bei glück- licher Heimkehr alljährlich nach Maria Stein zu pilgern und Silberberger sollte ein Denkmal errichten, das er auch tat. im Sommer 1925 wurde das Denkmal eingeweiht. Der Künstler hat für dieses Werk vom damaligen Landesd'enkmalamt- referenten Herrn Dr. Garber ein beson- deres Lob geerntet. Er bezeichnete das Denkmal als eines der schönsten im Lande. Eine in das Felsgestein gehauene, ka- pellenartige Nische trägt das Relief der Muttergottes in Kramsacher Marmor. Aus der Mensa ragen zwei schöne Säulen her- vor, auf denen je ein ausdrucksvoller Kriegerkopf ruht. Mit dem Tiroler Adler ist die Nischenkapelle überwölbt. Die Mensa trägt in Felsen gemeißelt dien Spruch: Wir liegen in fremder Erde verscharrt Treu bis zum Tod nach Väterart. Der Verstorbene war von 1908 bis 1930 Bildhauer in Kitzbühel. Er wohnte in der Wehrgas'se im Koblbarmhäusl. Sein Vater, Gymnasialprofessor Georg Mayr, Innsbruck, entstammte dem Südtiroler Heldengeschlecht der Mayr, Wirt an der Mahr, und seine Mutter, Maria Silberber- ger, war eine Dachauerbauerntochter aus Reith bei Brixlegg. Er besuchte in Brix- legg die Volksschule und in Innsbruck die Staatsgewerbeschule. In der Fach- schule für Bildhauerei und Steinbearbei- tung in Laas, Südtirol, arbeitete Silber- berger an heute weltberühmten Werken, so an dein Achilles für Kaiserin Elisabeth, an dem acht Meter hohen Moitke-Stand- bild für Berlin und an einem Denkmal für Amerika, das so groß und schwer war, daß bei der Lieferung die Brüicken von Laas verstärkt werden mußten. Von Laas zog es den jungen und bereits er- folgreichen Künstler auf die Wander- schaft. Er war in dieser Zeit in Wien, i'rag, Brünn, Dresden, Berlin, Kiel, Ham- burg und München tätig. In Hamburg arbeitete er am Bismarek-Denkmal und in München unter dem großen Bildhauer von Moor. Auf der Wanderschaft lernte er auch seine Gattin Regina Koubek, aus der südböhmischen Stadt Krummau kennen, mit weicher er am 24. Novem- her 1908 die Ehe einging. Krummau, die Heimatstadt der Gattin, war gleichzeitig auch der Heimatort des Erbauers der Kit'zbüheler Siadtpfarrkirch'e Stefan Kru- menauer, für welche 1435 der Grundstein gelegt wurde. Die Heirat war der unmittelbare Anlaß zur Gründung eines eigenen Hausstandes; die Wahl fiel auf Kitzbühel. In den über 20 Jahren, in welchen Silberberger in Kitzbühel weilte, entstanden Kunstwerke über Kunstwerke. Da der Verstorbene nur wenige Werke signierte und sich bisher niemand fand, der seine Arbeiten kat.a- logisiert hätte, sind wir auf 'die heute noch im Tiroler Unterland allgemein be- kannten Werke angewiesen. Vornehmlich arbeitete Silberberger im Sommer in Stein und Marmor und im Winter in Holz. Die herrlich geschnitzte Stube von Much Wieser, nach Motiven von Wilhelm Busch, ist ein Werk Silber- bergers. In Holz ist uns weiters bekannt das große Relief beim Eggerwirt, das frü- her beim Bacherwirt war, und das Marterl beim „Straßhofer". Franz Straßh'ofer sen. war sein Kriegskamerad von Serbien und Südtirol, dem er die schöne Schnitzerei widmete, zur Erinnerung an Zalesicyki und Col di Lana. Das Kitzbiiheler Heimat- museum hat von Silberberger ein Speck- bacher-Rehief; außerdem sind in vielen Bürger- und Bauernhäusern Holzwappen und Kruzifixe von ihm. in Stein und Marmor sind bekannt Va- ter Jahn (Salzburg), der Hoheitsadier von Mattsee und die Brücken-Adler auf den Reichsautobahnen. Beliebt und erfolgreich war Silberber- ger bei der Schaffung von Kriegerdenk- mälern. Silberbergische Kriegerdenkmäler besitzen Jochbergwald, Jochberg, Aurach, Kitzbühel (Kirchenstiege), Reith, Obern- dorf, Maria Stein und viele andere Ge- meinden. Von Silberberger stammen ters die Steinarbeiten an den Häusern Goldschmied Beranek und Villa Margit, die herrlichen Gewerbewappen Bäckerei Pi rchl, Fleischhauer Jen'ewein, Pension Hörl; die Brunnenköpfe Hotel Guido Reisch, Eggerwirt, Caf6 Rainer, St. Johann, das Brunnenmandl zu Stein am Bockberg und das Steinbecken des Stadt- brunnens bei der Katharinenkirche. Auf dem Friedhof die Grabsteine Theo Wiedmann, Hansjörg Schlechter, Hugo Krause, Alfons Petzold und das Porträt seiner Gattin an der Kirchenmauer. Das ist aber nur eine unvollständige Aufzäh- lung der zahlreichen Kunstwerke, welche der Verstorbene während seines langen Künstlerlebens geschaffen hatte. Nach dem Tode seiner Gattin verließ Silberberger unsere Stadt und verzog in (las Haus seiner Mutter nach Krams, ach, wo er sich in zweiter Ehe mit Jo- sephine Grassinger vermählte, deren Für- sorglichkeit ihm einen freudigen Lebens- abend bereitete und auch seinem künst- lerischem Schaffen treu zur Seite stand, Im ersten Weltkrieg diente Silberberger als Zugsführer im 1. Landsturmregiment in Serbien und in Südtirol. Von Serbien aus wurde er nach den stürmischen Tagen am Kremen totgesagt. Bei seinen Kriegs.- kameraden war Silberberger auch als Poet sehr beliebt; bei der Obrigkeit aber seine „spitze" Feder gefürchtet. So verulkte Silberberger am Col di Lana, dem Blut- berg des 1. Weltkrieges, den Mißstand bei den Trägerkolonnen, wenn diese, außer dem notwendigen Material wie Munition ScheiterhoLz, Bretter, Zementsäcke und natürlich die Verpflegung, auch noch Fla- schen und Bierfässer auf den Buckel neh- men mußten wie folgt: „Hernach beginnt die Fasserei, Bei wenig Wolle viel Geschrei, Denn was die Landsturmhorde frißt, Nicht allzu schwer zu tragen ist. Jedoch bedeutend wächst die Last, Wenn für die Obrigkeit man faßt, Damit man standesrnäßig speist Und auch der Becher dabei kreist. Konfekt, Konserven, Marmeladen Gewiß der Tapferkeit nicht schaden; Liköre, Rum und Bier und Sekt Den Drang zu großen Taten weckt." Dem Sozialisten und Ideologen Zorzi (t 8. September 1916) widmete er in dem von ihm herausgegebenen Gedicht- bande „Lavarone Wespen" folgende Stro- phen: „Sozialist von reinster Farbe, Schon zugeneigt der Anarchie,
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