Kitzbüheler Anzeiger

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3 Aktuell 24. Jänner 2019 Strichweise waren die Schneefälle im B ezirk so heftig, wie sie in den letzten 100 Jahren nicht mehr vorgekommen sind, veranschaulicht Manfred Bauer, Leiter der ZAMG Tirol. In Hochfilzen fielen etwa innerhalb von 15 Tagen 481 cm Neuschnee. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich diese extremen Wetterlagen in Zukunft häufen w erden. War diese lange und inten- sive Schneefall-Periode nor- mal? Gab es das schon einmal? Das war in jedem Fall eine sehr ungewöhnliche S chnee- fallperiode, immerhin war es knapp vor Jahreswechsel fast noch schneefrei. Binnen 15 Tagen sind dann aber ganz beträchtli- che Neuschneesummen zusam- men gekommen. Es liegen uns noch nicht von allen Stationen die Daten vor, Messdaten aus Kössen, H och- ilzen und Kufstein zeigen uns aber, dass es auch im Bezirk Kitz- bühel zumindest s trichweise ein Ereignis war, wie es in den letz- ten 100 Jahren nicht vorgekom- men ist. Beispielsweise ielen bei unserem Wetterbeobachter in Hochilzen in 15 Tagen 481 cm Neuschnee, in den 50 Jahren da- vor waren es in so einem Zeit- raum nie mehr als 363 cm. Temperaturanstieg durch den Klimawandel und extreme Schneefälle– das widerspricht sich doch, oder nicht? Nein keineswegs. Kalte Win- ter sind nicht unbedingt die schneereichen. Extreme Ereig- nisse werden vom Klimawandel eher unterstützt. Es gibt Anzeichen, dass mit dem Klimawandel Wetterlagen länger a nhalten. Das hat mit der Verringerung der Temperatur- unterschiede auf der Nordhalb- kugel zu tun. Hoch- und Tief- druckgebiete können sich somit langsamer verlagern. Eine extreme Wetterlage, wie eine Hitzewelle im Sommer oder eben eine winterliche Staulage, können somit größere Auswir- kungen haben. Aber bei so kom- plexen Zusammenhängen be- steht auf jeden Fall noch viel Forschungsbedarf. Stichwort Klimawandel – was sagen die Daten der ZAMG aus? Der hauptsächlich mensch- gemachte Temperaturanstieg ist Fakt. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ist die Temperatur in Tirol um etwa zwei Grad ge- stiegen. Der Anstieg ist im Al- penraum doppelt so stark wie im globalen Mittel. Der An- stieg war dabei seit Mitte des letzten Jahrhunderts im Som- mer am stärksten und im W in- ter - besonders auf den Bergen - am schwächsten. Beim Niederschlag ist das Sig- nal deutlich weniger klar. In der Jahressumme des Niederschlags gibt es Stationen in Tirol, die über viele Jahrzehnte betrach- tet eine leichte Zunahme zeigen. Der letzte Sommer entsprach jedenfalls ganz den Erwartungen der Klimaszenarien: Trockenpe- rioden sollten häuiger werden. Wenn es aber regnet, kann die- ser Niederschlag stärker ausfal- len als gewohnt. Ist jetzt mal Schluss mit Schnee oder müssen w ir uns auf weitere Niederschläge e instellen? Die aktuellen Wettermodelle zeigen zum Glück v orerst keine größere Störung, die uns t ref- fen sollte. Diese Woche heißt es warm anziehen, da beschäf- tigt uns hauptsächlich n och die eiskalte Lut, die uns eine Nord- ostströmung v on Russland her beschert. Nächste W oche dreht die Strö- mung wahrscheinlich auf west- liche Richtungen und dann sind zeitweilige Niederschläge mög- lich - größere Neuschneemengen sind derzeit aber nicht in Sicht. Wie erstellt die ZAMG ihre Prognosen? Wetterprognosen werden heute mit Hilfe von hochkom- plexen Computerberechnungen und auf Basis einer Vielzahl an Messungen gemacht, die von der einfachen Wetterstation bis zu Niederschlagsradaren, Radio- sonden und Satellitendaten rei- chen. Aufgrund der immer hö- heren Computerkapazitäten und wissenschatlichen Weiterent- wicklungen hat sich die Quali- tät der Wetterprognosen in den letzten Jahren enorm verbessert. Und diese Verbesserungen zei- gen sich auch in der Prognose von einem Extremereignis, wie wir es gerade erlebt haben. Man ist heute viel besser vor- bereitet und kann frühzeitiger Maßnahmen s etzen als es etwa noch vor 20 Jahren der Fall war. Gibt es Prognosen, wie sich die Winter in den nächsten J ah- ren entwickeln werden? Über viele Jahrzehnte betrach- tet, treibt der Klimawandel die Temperaturen wohl weiter nach oben. Vor allem in den Rand- zeiten des Winters wird es der Schnee in tieferen Lagen dann immer schwerer haben. Aussagen, wie die Winter der nächsten z ehn Jahre sein wer- den, lassen sich aber nicht ma- chen. Hier kommt es ganz auf die jeweiligen Wetterlagen an, ob wir einen eher mageren oder einen schneereichen Winter ha- ben. Unsere Ski brauchen wir je- denfalls in absehbarer Zeit nicht einmotten. Johanna Monitzer Manfred Bauer, Leiter der Zentralanstalt für M eteorologie und Geodynamik, im Interview Ein „normaler“ Wint er wie früher? „Das war in jedem Fall eine sehr ungewöhnliche S chneefallperiode“, veranschau- licht der aus Kirchdorf stammende Leiter der ZAMG Tirol, Manfred Bauer, im In- terview mit dem Kitzbüheler A nzeiger. Foto: ZAMG Daten & Fakt en ZAMG – Das Wetter im Blick Die 1851 gegründete Z entralan- stalt für M eteorologie und Geo- dynamik (ZAMG) ist der staatli- che, öfentliche meteorologische und geophysikalische Dienst Ös- terreichs. Der Aufgabenbereich der ZAMG umfasst alle Tätig- keiten eines nationalen mete- orologischen und geophysika- lischen Dienstes. In Innsbruck werden unter der Leitung von Manfred Bauer die regionalen Aufgaben der ZAMG für die Bundesländer T irol und Vor- arlberg wahrgenommen. Die ZAMG ist in ihren Fach- bereichen als Vertretung Öster- reichs in den einschlägigen inter- nationalen Organisationen seit vielen Jahren anerkannt.
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