Kitzbüheler Anzeiger

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Aktuell 6. Juli 2017 3 Aus meiner Sicht Die Augen nicht verschließen Bezirk | „Au nüpfen a uf dem nächsten B aum und dann kannst den Strick zumindest noch ein- mal verwenden“, Florian S. „Be- ton Patschen an und im Mittel- meer versenken“, Kurt R. „ Gleich an die Wand stellen das Sauge- sindel“, Dominik F. „Kamera aus Baseballschläger a n und vergra- ben im Wald“, Didi S. „Schuss- freigabe“, Rene F. „An die Mauer stellen und Feuer frei“, Dirk J. „Kopfschuss“, Di etmar L. Das waren nur einige Kom- mentare, die unter dem Video über den Asylwerber, der aus- rastete, auf Facebook zu lesen waren. Familienväter, M ütter, freundlich in die Kamera grin- sende Menschen ließen ihrem Hass freien Lauf. Was den eißi- gen Kommentatoren wohl nicht bewusst war ist, dass auch das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Hasspostings und Verhetzung sind stra ar. Und das ist gut so. Das hat nichts mit Meinungsfreiheit zu tun Das Verhalten des Asylwerbers ist in keinster Weise zu recht- fertigen. Aber würde jemand ein Video über einen ausrasten- den Inländer mit „Kopfschuss“ kommentieren? Nein. Wenige Stunden später w ird eine Meldung über zwei r anda- lierende Tiroler in Wörgl ver- ö entlicht. Ein Polizist erlitt beim Einsatz sogar einen Rip- penbruch. Keiner fordert einen „Kopfschuss“. Viele Kommen- tatoren nden den Vorfall so- gar lustig. Die Kommentare aufgrund des randalierenden Asylwerbers haben nicht das Geringste mit Meinungsfreiheit zu tun. Das ist purer Ausländerhass, der schlei- chend salonfähig w ird. Solche Aussagen dürfen w ir nicht dul- den. Es ist jeder einzelne gefor- dert, dagegen zu steuern. Und sei es nur mit einer anonymen Meldung an Facebook. Johanna Monitzer monitzer@kitzanzeiger.at Videos über einen a usrastenden Asylwerber sorgen für W irbel im Netz Tatort soziale Netzwerke Ein Asylwerber rastet in St. Johann aus. Videos über den Vorfall lassen die Wo- gen im Netz hoch gehen. Auch auf Facebook und Co. sind Verhetzung und rassistische Äußerungen aber strafbar. St. Johann | Am Freitagabend tauchten auf einem privaten Fa- cebook-Account mehrere Videos auf, die dokumentieren, wie ein Asylwerber in St. Johann aus- rastet. Die Videos zeigen, wie der Asylwerber und ein Einhei- mischer vor einem Supermarkt mitten im Ortszentrum anein- andergeraten. Der Asylwerber wird des Diebstahls beschuldigt und bestreitet dies lautstark. To- bend tritt er ein Fahrrad nieder und schimp in Fäkalsprache über Österreich. Auch hört man den Asylwerber schreien: „Ich bin kein Terrorist, ich bin ein Mensch.“ Am Ende des letzten Videos sieht man, wie die Poli- zei den ausländischen M ann in Handschellen abführt. Was passierte an jenem Tag in St. Johann? Der Asylwerber wurde des La- dendiebstahls verdächtigt, be- stätigt die P olizei. „Gestohlen hatte er aber de nitiv nichts“, stellt Bezirkspolizeikomman- dant Martin Reisenzein klar. Der in einer Unterkun in St. Johann lebende Mann, war im Supermarkt dazu aufgefordert worden seine Taschen zu zei- gen. „Darau in ist er ausge- ippt. Um zu beweisen, dass er nichts gestohlen hat, hat er u.a. auch mitten im Geschä die Hosen heruntergelassen“, schildert Reisenzein. Ob das Fahrrad, gegen das er getreten hat, ihm selbst gehört, i st nicht klar. „Es wurde keine Beschä- digung gemeldet“, erklärt d azu der Bezirkspolizeikomman- dant. Der junge Mann randa- lierte nach seiner Festnahme auf dem Polizeiposten weiter. „Er wurde wegen Sachbeschä- digung und Ordnungsstörung auf freiem Fuß a ngezeigt“, in- formiert Reisenzein. Kommentatoren ließen ihrem Hass freien Lauf Die Videos über den Vorfall wurden über t ausend Mal im Internet geteilt und kommen- tiert. Einige Kommentatoren ließen dabei ihrem Hass freien Lauf. Auch die Polizei, die in diversen Kommentaren verun- glimp wurde, wurde darauf aufmerksam. „Grundsätzlich dürfen P olizeieinsätze g e lmt und ins Netz gestellt werden“, informiert Sabine Reinthaler, Pressesprecherin der Landes- polizeiinspektion. Kommen- tare mit rassistischen Inhal- ten, Verleumdungen oder im Bereich der Verhetzung sind jedoch stra ar. Rechtliche Folgen Auch derjenige, der solche Kommentare zulässt, k ann zur Rechenscha gezogen werden. „Sobald man einen Beitrag ö entlich macht, gilt man als Inhaber eines Mediums und ist dazu verp ichtet, die Kommentare zu überwachen“, erklärt die Presse- spreche- rin. Die zuständige S telle des Bundesinnenministeriums (BMI) befasst sich bereits mit den Geschehnissen. „Wir ha- ben das BMI über die V or- fälle in K enntnis gesetzt. Das könnte für e inige durchaus rechtliche Folgen haben“, er- klärt Reinthaler. Auch die FPÖ t eilte die Videos zwei Mal Auch die örtliche FPÖ teilte die Videos zwei Mal auf ihren Sei- ten, löschte diese a ber jeweils nach einigen Stunden wieder. Man habe die Videos wieder gelöscht, um die P ersönlich- keitsrechte zu schützen, e rklärt dazu FPÖ B ezirksparteiobmann Robert Wurzenrainer. Dass die Kommentare derart ausarten, darüber war m an sich bei der FPÖ bei beiden Verö entli- chungen nicht bewusst, betont er weiter. „Wir haben umgehend reagiert und versucht, die Hass- postings zu löschen, was zu B e- ginn aufgrund von technischen Schwierig- keiten am Handy nicht mög- lich war“, so Wurzenrai- ner. Der Be- zirkspartei- obmann fuhr darau in ex- tra nach Hause, um die Postings vom PC aus zu löschen. „ Es handelt sich da- bei aber auch um Vorfälle, die die Menschen aufre- gen. Diese Dinge sollten aufgezeigt werden. Es wird sonst schon genug unter den Teppich gekehrt“, merkt Wur- zenrainer an. Laut letzten Er- kenntnissen sind die Videos samt Kommen- taren mittlerweile aus dem Netz verschwunden. Johanna Monitzer Diverse Kommentare zu einem Video, das einen Asylwerber zeigt, der ausrastet und randaliert, könnten r echtliche Folgen haben. Foto: Jorma Bork/pixelio.de
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