Abu Bakr möchte weiter arbeiten
Nach dem Abschluss der Lehrausbildung mit gutem Erfolg, droht Abu Bakr Aldulaimi die Abschiebung. Friseurmeister Franz Pock will um seinen Mitarbeiter kämpfen – bis nach Wien zum Bundespräsidenten, wenn es sein muss.
St. Johann | Abu Bakr Aldulaimi hat am 17. August die Lehrabschlussprüfung als Friseur- und Perückenmacher mit einem gutem Erfolg bestanden. Für den 23-Jährigen, der kurz Bakr genannt wird, bringt sein beachtlicher beruflicher Erfolg im Friseursalon von Franz Pock auch enorme Zukunftsangst mit sich. Die Fristen für eine mögliche Abschiebung in den Irak beginnen erneut zu laufen.
Bakr kam 2015 alleine ohne ein Wort Deutsch zu sprechen nach Österreich. In seinem Dorf war er als Angehöriger der Volksgruppe der Sunniten zwischen den verfeindeten Schiiten nicht mehr sicher, erzählt Bakr.
Freundin vermittelte Bakr die Lehrstelle
Seine erste Station war Wien. Dann wurde er nach Kirchdorf überstellt, wo er in der ehemaligen Gasteiger Volksschule, welches zum Flüchtlingsheim umfunktioniert wurde, Unterkunft fand. Eine schwierige Zeit. Während die anderen Männer im Heim zum Nichtstun verdammt waren, war Bakr der Einzige, der durch die damalige Sonderregelung für Lehrlinge in Mangelberufen tagtäglich zur Arbeit ging.
Eine Freundin vermittelte ihm die Lehrstelle bei Friseurmeister Franz Pock. „Als Bakr in den Salon kam, war mir und meiner Frau schnell klar: Wir haben es mit einem Talent zu tun“, erinnert sich Pock.
Deutsch mit Hilfe des Internets gelernt
Deutsch hat Bakr selbstständig via Internet gelernt. „Das hat uns alle im Team fasziniert. Bakr strengt sich in jeder Hinsicht an. Mittlerweile versteht er den wildesten Dialekt“, schmunzelt Pock.
Das erste Berufsschuljahr war schwierig für den Iraker. Im Abschlussjahr war er fachlich Jahrgangsbester. „Während der gesamten Lehrzeit gab es nie ein Problem mit Bakr. Er hat enormes Zukunftspotenzial. Bakr erkennt Modetrends, er hat ein Gespür für den Beruf und für die Kunden.Wir möchten ihn unbedingt im Team behalten“, sagt Pock.
Ob Bakr weiter im Team von Franz Pock arbeiten darf, hängt von einer letzten Anhörung ab. Einen negativen Asylbescheid hält der Iraker bereits in den Händen. „Und das verstehe ich einfach nicht. Wir haben einen Facharbeitermangel und top ausgebildete, dringend benötigte Arbeitskräfte wie Bakr, werden abgeschoben“, so Pock.
Der Friseurmeister will eine Abschiebung nicht widerstandslos hinnehmen: „Sollte es soweit kommen, werde ich nach Wien zum Bundespräsidenten fahren und dort so lange lästig sein, bis sie mich anhören.“
Schon zuvor schrieb Pock an Landeshauptmann Günther Platter und Bundeskanzler Sebastian Kurz. Reaktion erfolgte keine: „Das ist schon enttäuschend. Bakr ist ein Vorbild, für solche Menschen muss man kämpfen. Leider kommen Asylwerber, wie Bakr auch nur selten in den Medien vor.“
Warten auf die letzte Anhörung
Was Bakr bei einer Abschiebung in den Irak erwartet, weiß er nicht. Die Asyl-Mühlen in Österreich mahlen nach wie vor langsam. Bakr wartet auf seinen letzten Anhörungstermin.
Johanna Monitzer
Bild: Friseurmeister Franz Pock (re.) hofft, dass Abu Bakr Aldulaimi in seinem Salon weiter arbeiten darf. Foto: Monitzer
Daten und Fakten - Abschiebung nach Prüfung
Im Dezember befanden sich rund 800 Asylwerber in Österreich in Lehrausbildungen in Mangelberufen. Nach Lehrabschluss müssen Asylwerber mit negativem Bescheid Österreich verlassen – auch wenn sie ein aufrechtes Arbeitsverhältnis haben. Die derzeitige Rechtslage sieht keinen Umstieg auf ein reguläres Aufenthalstrecht vor.
Kaum Chancen auf Rot-Weiß-Rot Karte
Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit vom Ausland aus eine Rot-Weiß-Rot-Karte (berechtigt zum Aufenthalt und zur Arbeit) zu beantragen. „Die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte ist jedoch nur sehr begrenzt möglich, weil die Mangelberufe, in denen Asylwerber ausgebildet werden, abweichen und die Voraussetzungen für sonstige Schlüsselkräfte für diese Personengruppe sehr schwer zu erreichen sind“, heißt es von der Wirtschaftskammer.
Kein Zugang zur Lehre in Mangelberufen mehr
Die Möglichkeit für jugendliche Asylwerber bis zum 25. Lebensjahr eine Lehre in einem Beruf mit Lehrlingsmangel zu beginnen, wurde 2018 von der Regierung wieder abgeschafft.
Quellen: WK, Parlament.gv.at