
Wirtschaft
220 Firmenpleiten in Tirol
In den ersten sechs Monaten des Jahres 2025 sind in Tirol 220 Unternehmen insolvent geworden. Der Anstieg um 34,1 Prozent liegt deutlich über dem Bundesschnitt von 6,1 Prozent. Panik ist nicht angesagt, da es im ersten Halbjahr 2024 in Tirol – als einzigem Bundesland – zu einem Rückgang bei den Insolvenzen gekommen war. Der nun ausgewiesene Anstieg kommt in Relation zum vorjährigen Vergleichszeitraum, welcher recht niedrige Zahlen aufgewiesen hat - für den KSV1870 somit wenig überraschend.
Bau und Handel am stärksten betroffen
Im ersten Halbjahr 2025 von Insolvenzen am häufigsten betroffen ist die Baubranche mit 28 Fällen, dicht gefolgt vom Handel mit 25 Pleiten. Der stationäre Handel leidet bereits seit längerer Zeit unter deutlich spürbaren Strukturproblemen. Die immer weiter zunehmende Konkurrenz durch den Onlinehandel und gestiegene Kosten in vielen Bereichen (Mieten, Energie, etc.) belasten die wirtschaftlichen Ergebnisse der stationären Handelsbetriebe. Die Bauwirtschaft hingegen spürt die Auswirkungen der umfassenden Sparmaßnahmen in den Tiroler Betrieben besonders. Aufgrund der bestehenden geopolitischen Unsicherheiten fahren die Tiroler Unternehmen ihre Investitionen aktuell deutlich zurück. Langfristig kann dies nicht nur zu Schwierigkeiten in der Baubranche führen, sondern belastet diese Zurückhaltung bei den Investitionen mittel- und langfristig auch den gesamten Tiroler Wirtschaftsstandort.
Mit der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der „Herkules Holding GmbH“ und der „Herkules Finance Holding GmbH“ verzeichnet Tirol nach der Höhe der Passivadie größte und drittgrößte Insolvenz im Jahr 2025 in Österreich.
Neben diesen beiden Insolvenzen aus dem SIGNA-Bereich gab es im ersten Halbjahr 2025 noch zwei weitere Großinsolvenzen in Tirol. Bei der „umfeld holding GmbH“ haften über 34 Millionen Euro offen aus, bei der „Travel Europe Reiseveranstaltungs GmbH“ sind es immerhin knapp 21 Millionen Euro.
Klaus Schaller, KSV1870 Regionalleiter West, erklärt: „Seit der Corona-Pandemie hat sich das Bild der Tiroler Insolvenzlandschaft deutlich geändert. Bis ins Jahr 2020 dominierten über mehr als ein Jahrzehnt nahezu ausschließlich Klein- und Kleinstinsolvenzen das Geschehen am Landesgericht Innsbruck. In den letzten Jahren gab es immer wieder – und dies unabhängig von den Entwicklungen rund um die Unternehmensgruppe des Herrn René Benko – größere Verfahren.“
Ausblick 2025: Weitere hohe Zahlen
In den nächsten Wochen erwartet der KSV1870 weiter hohe Insolvenzzahlen in Tirol. Eine kurz- und mittelfristige Beruhigung der geopolitischen Situation ist aufgrund der mannigfaltigen Krisenherde im Moment nicht erwartbar. Dies belastet nicht nur die Investitionsfreude der Unternehmen, sondern wirkt sich auch einschränkend auf das Konsumverhalten der privaten Haushalte aus. Für das gesamte Jahr 2025 käme ein Anstieg des Insolvenzniveaus auf 450 Fälle für den KSV1870 daher nicht überraschend, wie es abschließend heißt.