Kitzbüheler Anzeiger

Westendorf

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4 Juni 2018 Thema Viele Vorurteile in der Bevölkerung Ausländer und Nicht-Österreicher Verallgemeinerungen sind bekanntlich ebenso häufig wie unzulässig. Nicht an- ders ist es auch beim The- ma „Ausländer“. Diese sind bekanntlich alle faul und ungebildet und nützen das Sozialsystem leidlich aus. So schaut zumindest die Meinung vieler Österrei- cher aus, und diese Meinung wird von einigen Politikern ebenso unterstützt wie von etlichen Medien. Fälle wie der jüngst bekannt gewordene „Skandal von Jenbach“ unterstützen diese Meinung. Eine Österreiche- rin türkischer Herkunft be- zogoffenbarmehralszwölf Jahre alle möglichen Sozi- alleistungen, obwohl sie in dieser Zeit stets in ihrer Hei- mat lebte. Dieses Beispiel zeigt na- türlich bereits eine große Unschärfe in der Definition „Ausländer“. Die Frau hat bekanntlich einen öster- reichischen Pass, trotzdem wird sie als „Ausländerin“ bezeichnet, vielleicht, weil sie schon lange wieder in der Türkei lebt, vielleicht aber auch, weil sie noch nicht die deutsche Sprache beherrscht oder sich auch sonst wenig integriert hat. Vor dem Ge- setz allerdings gilt sie als Österreicherin. Eine andere Unschärfe taucht immer dann auf, wenn wir von den „Zuge- wanderten“ sprechen, denn da bräuchte es wohl eine klarezeitlicheFrist,abwann jemand als „Hiesiger“ gelten müsste. Schließlich sind die meisten Österreicher irgend- wann eingewandert. Wer das nicht glaubt, möge einmal z.B. das Wiener Telefon- buch durchblättern, wo er neben den Prohaskas, Nav- ratils, Pospischils und Da- neks noch viele Namen aus den ehemaligen Ländern der Monarchiefindenwürde. Genauso haben sich in der Vergangenheit z.B. viele Italiener im Tiroler Raum niedergelassen, und heute ist in unserer Gegend vor allem die Zuwanderung von betuchten EU-Bürgern, die hier – zumindest auf dem Papier - ihren Hauptwohn- sitz gründen und dafür sor- gen, dass Grund und Boden immer teurer und für die Einheimischen immer weni- ger leistbar werden, ein Dis- kussionsthema. Die „Überfremdung“ ist also eines der Unwörter, die in diesem Zusammenhang uralt sind. In einer globalisierten Welt, die auch die eigene Umgebung nicht unberührt lässt, sondern eine gewisse Unruhe hineinbringt, lässt sich wirkungsvoll damit arbeiten. Eine politische Partei, die sichderzeitinderRegierung befindet, nennt die Auslän- der mittlerweile „Nicht-Ös- terreicher“, vielleicht, um nicht ins ausländerfeindliche Eckgestelltzuwerden,aber auch diese Formulierung än- dert an der Unschärfe nichts. Nicht-Österreicher sind nämlich vor allem auch EU- Mitbürger, und zwar nicht wenige. Bundesweit zählt gut die Hälfte aller auslän- dischen Frauen, Männer und Kinderdazu.InTirolsindes mit70.000sogarzweiDrit- tel, wobei die Deutschen klar in Führung liegen (siehe Grafikoben). Wir sehen also, dass sehr viele Nicht-Österreicher gekommen sind, weil sie die Alpenrepublik attraktiv finden,undnicht,umunser Sozialsystemauszunützen! Wie auch immer: „Auslän- der“ bzw. „Nicht-Öster- reicher“ sind mehr denn je fast ausschließlich negativ besetzteBegriffe:Schlechte Bildung, Sozialmissbrauch und noch viel mehr stehen scheinbar damit in Verbin- dung. Verstärkt hat sich das mit der so genannten „Flüchtlings- krise“, die eigentlich eine Krise vor allem Deutsch- lands und Österreichs war: Sie waren mit den Hundert- tausenden überfordert, die aus Syrien und Afghanistan gekommen sind. Auch mit der angesproche- nen Minderqualifizierung ist es nicht weit her. In Tirol ist der Anteil der Akademi- ker unter allen Ausländern mit rund 13 Prozent größer als unter allen Inländern (neuneinhalbProzent).Man darf annehmen, dass viele dieser Leute den Standort aufwerten, und man muss aufpassen, dass man sie mit der allgegenwärtigen Ausländer-Ablehnung nicht allesamt wieder vertreibt. Diese Gefahr besteht. Eine Erhebung unter von inter- nationalen Konzernen ent- sandten Fachkräften hat vor einem Jahr ergeben, dass Österreich eines der un- freundlichsten Länder ist. Nur Kuwait wurde diesbe- züglichunter65abgefragten Ländern noch schlechter be- wertet. Wenn Österreich wächst, dann vor allem aufgrund der Zuwanderung, und die kann die Wirtschaft ganz offensichtlich gut brauchen: Die Zahl der unselbstständig beschäftigten Ausländer ist seit 2012 um fast die Hälfte gestiegen. Das diesbezügliche Poten- zialistnochlangenichter- schöpft: W ir brauchen mehr Arbeitskräfte. So hat es nichtnurmitGroßherzigkeit Herkunftsstaaten der Ausländer in Österreich (Stand: 1.1.2018, Quelle: statista)
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