Kitzanzeiger EM Tippspiel

 
 
Kitzbüheler Anzeiger
11.07.2015
News  
 

Vom Massenfisch zur gefährdeten Art

Bezirk | Die Nase wird an der Donau auch „der Weisse“ genannt. Er ist ein bis zu 2 kg schwerer Cyprinide oder Weißfisch. Bis Ende des 19. Jhds. war die Nase der „Brotfisch“ der Berufsfischer, in den großen Flüssen und Strömen waren Nasen die Hauptfische. Bis zu 70 Prozent der Fischbiomasse waren Nasen. Dieser Fisch war eine wichtige und vor allem billige Eiweißquelle für die Bevölkerung. In den unveröffentlichten Studien E. Webers ist ersichtlich, im 19. Jhd. wurden aus der Donaustrecke von Wien bis Hainburg, also auf rund 50 km, im langjährigen Durchschnitt 166.550 kg Fische pro Jahr erbeutet. Die allermeisten davon waren Nasen. Das war keineswegs Raubbau, das war bloß die jährliche Zuwachsrate, von etwa 10 Prozent des Gesamtbestandes. Auf dieser Stromstrecke lebten daher rund 1,5 Millionen Fische. 100 Jahre später gab es keine Berufsfischerei mehr. Aber Weber errechnete im Jahr 1970, also 100 Jahre später, dass auf dieser Donaustrecke nur mehr 16 t Fische pro Jahr hätten entnommen werden können. Das zeigt, der Fischbestand war um mehr als 90 Prozent zurückgegangen!

1870 – 1875 wurde die große Donauregulierung durchgeführt. Der Strom wurde begradigt, die Sand- und Schotterbänke verschwanden, die Ufer wurden mit großen Steinblöcken gesichert, die Nebenarme wurden abgeschnitten und verlandeten, soweit sie nicht sofort zugeschüttet worden waren.
Damit gingen die Laichplätze und „Kinderstuben“ der Fische verloren. Etwa zeitgleich wurden auf der Donau Dampfschiffe, später Motorschiffe eingesetzt. Der Wellenschlag schädigt nachhaltig Laich und Fischbrut.
Wasserkraftwerke gibt es seit Mitte des 19. Jhds., aber der große Boom setzte ab 1950 ein. Der Donaustrom wurde durch Wasserkraftwerke völlig zerstückelt - Wasserkraftwerke sind also keineswegs umweltfreundlich. Durch die Wehre werden die biologisch notwendigen
Fischwanderungen unterbunden, stromab ziehende Fische finden in den Turbinen den Tod.  
Die vom Menschen verursachten Zerstörungen (abgesehen von der Schifffahrt auf der Donau) betreffen alle Gewässer. Kein Wunder, dass 1970 selbst in „guten“ Gewässern nur mehr 10 Prozent der ursprünglichen Fischbestände vorhanden waren.
Leider wurde es noch viel schlechter
Seit etwas mehr als 20 Jahren untersuchen die Professoren der Universität Wien Dr. Fritz Schiemer und Dr. Hubert Keckeis im Gebiet von Fischamend (an der Donau 25 km östlich von Wien) die Laichplätze der Nase. Das ist das Gebiet des heutigen Nationalparks Donauauen. Damals vor 20 Jahren gab es noch zehntausende Nasen. Die Bestände wurden aber von Jahr zu Jahr weniger. Im Jahr 2005 wurden an den uralten Laichplätzen nur mehr 2 bis 3.000 Nasen festgestellt. Und in der Laichzeit 2011 konnten die Wissenschaftler an den angestammten Laichplätzen keine einzige Nase mehr dokumentieren.
Was läuft da vor unseren Augen ab, auch wenn es kaum jemand wirklich zur Kenntnis nimmt?
Im Nationalpark muss die Welt doch noch in Ordnung sein, das wird doch jeder annehmen. Also, was ist da los?
Das DoKW Freudenau wurde in Betrieb genommen. Nasen sind Weitwanderer, mit diesem DoKW gingen die stromauf im Stauraum liegenden Laichplätze verloren.  

Im Nationalpark rasen täglich mehrmals die Twin-City-Liner mit bis zu 70 km/h zwischen Wien und Bratislava hin und her und werfen gewaltige Wellen ans Ufer. Und jeden Winter fallen tausende Kormorane ein und fressen die Fische in den Wintereinständen. Die Ist-Bestands-Analyse des Umweltministeriums zeigt auf, 63 Prozent unserer Gewässer sind in keinem guten Zustand.
Das sind die Gründe, warum die frühere Massenfischart Nase sogar im Nationalpark verschwindet.
Das allgemeine Bewusstsein für unsere Umwelt konzentriert sich auf die Welt über der Wasseroberfläche. Die Fischer bemühen sich, zusammen mit der Wissenschaft, die schweren Schädigungen der Wasserwelt aufzuzeigen.
Vor Jahrzehnten konnten wir von allen Brücken mit Begeisterung Fische sehen. Das sollten wir für unsere Kinder und Enkel wieder schaffen.

 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen