Kitzbüheler Anzeiger
19.03.2015
News  
 

Steuerreform 2015: Das schwere Erbe der Kitzbüheler

Ein Haus im berühmten Kitzbühel. Ein Traum für viele. Durch die neue Steuerreform und die im Zuge dieser geplanten Änderungen der Grunderwerbssteuer könnte eine Erbschaft jedoch für viele Kitzbüheler Familien zum Albtraum werden.

Bei der Berechnung der Steuer soll nämlich künftig vom Verkehrswert der Immobilie ausgegangen werden; das kommt vor allem in begehrten Wohngegenden wie Kitzbühel und Umgebung sehr teuer. Ungeachtet der darauf befindlichen Häuser, egal wie alt, herabgekommen und baufällig diese auch sein mögen, würde plötzlich die teure Lage die bemessenen Steuern in die Höhe treiben – ein einfaches Häuselbauer-  oder Einfamilien-Haus in begehrter Lage würde mit tatsächlichen Luxusimmobilien über einen Kamm geschoren und dadurch für die Erben zur schier unerträglichen finanziellen Last.  

Die von der Bundesregierung geplante Steuerreform wird als Entlastung für den Steuerzahler propagiert und die Nachteile als überschaubar gelobt. Zwar soll im Zuge der Steuerreform die Grunderwerbssteuer auch bei Übergabe, Schenkung und Erbschaft innerhalb des engsten Familienkreises deutlich erhöht und zudem in Zukunft für die Berechnung dieser der Verkehrswert (also der geschätzte tatsächliche Wert der zu vererbenden Immobilie) verwendet werden, doch wirken die zur Veranschaulichung herangezogen Beispiele geradezu verharmlosend und beschwichtigend. Es wird von Häusern im Burgenland gesprochen, von „teureren Immobilien“, die gut 400.000 Euro kosten und bei denen über 3.000 Euro Steuern mehr wie bisher anfallen würden. Klingt noch überschaubar. Worüber die Medien kaum berichten, ist jedoch, wie es in Gegenden wie Kitzbühel aussieht, in denen die Grundstückspreise in den letzten Jahren regelrecht explodiert sind und kontinuierlich Rekordsummen einbringen.

Ein Beispiel: Meine Familie hat ein Haus in diesem prestigeträchtigen, überteuerten Kitzbühel. Ein Haus, das meine Vorfahren eigenhändig aufgebaut haben. Ein Haus auf Grund und Boden, der seit Generationen in unserer Familie ist. Ein Haus, das man schlichtweg abreißen könnte, weil es alt ist und materiell gesehen kaum noch Wert hat. Aber dann ist da noch die Lage: Bei ihrem Anblick würden sich sämtliche Immobilienmakler im Bezirk bereits freudig die Hände reiben. Die Lage bietet genau das, was man hier gerne mit blumigen Worten wie "Traumhafte Lage auf der Sonnenseite Kitzbühels mit herrlichem Panoramablick auf die Gamsstadt, den berühmten Hahnenkamm, den Wilden Kaiser und die sonstige, malerische Kitzbüheler Bergwelt" zu beschreiben pflegt. Diese Lage, diese schöne Aussicht ist das eigentliche Problem – das alte Haus ist vollkommen egal. Wenn die neue Grunderwerbssteuer auch innerhalb der Familie wirklich in Kraft tritt, handelt uns die verflixte Lage unserer Immobilie, auf die wir immer so stolz waren, voraussichtlich einen schier unüberwindbaren finanziellen Aufwand ein. Grundstücke in unserer Gegend erzielen der Wertlosigkeit der darauf gebauten Häuser zum Trotz (die es nach dem Erwerb ohnehin gilt, dem Erdboden gleich zu machen) mehrere Millionen Euro. Das ist Kitzbühel. Das ist eine tolle Lage in Kitzbühel wert.

Wenn sich die geplanten Maßnahmen bezüglich der Grunderwerbssteuer durchsetzen und künftig für die Erbschaft von „Luxusimmobilien über 400.000 Euro“  3,5 % Steuern anfallen, würde in unserem Fall ein Betrag von etwa 100.000 Euro zu begleichen sein. So viel, wie in anderen Gegenden ein ganzes Grundstück kostet. Wir haben keinen Luxus, wir wollen auch keinen. Zwar ist das als „legendäre Gamsstadt“ beworbene Kitzbühel wohl nicht gerade für seine Einfamilienhäuser, sondern eher für seine überdimensionierten Prachtvillen und Luxuschalets bekannt,  doch überwiegen wohl nach wie vor die einfachen Häuser, die weit entfernt von jeglichem Luxus sind und nur aufgrund der kostspieligen Lage so horrend versteuert werden. Wir bekommen diesen Stempel, dieses Attribut „Luxus“ einfach aufgedrückt, weil wir hier wohnen, weil unsere Ahnen diesen Ort zum Leben ausgewählt haben. Das zu erben, was rechtmäßig uns gehört, was unsere Vorfahren geschaffen haben, würde uns an den Rand des Ruins treiben. Viele werden versuchen, das Übel mit verfrühtem Erbantritt zu umgehen, andere sind dafür noch zu jung. Irgendwann werden wir jungen Kitzbüheler deshalb vielleicht gezwungen sein, unser Zuhause zu verkaufen und wegzuziehen. Und selbst wenn wir es schaffen sollten, die unverhältnismäßige Besteuerung zu bezahlen: Was kommt dann auf die nächste Generation zu? Soll jede Generation unter Aufbringung all ihrer finanziellen Kräfte erneut diese Unsummen an den Staat bezahlen müssen, bloß damit der eigene Grund und Boden im Familienbesitz bleibt, damit wir behalten dürfen, was uns gehört?

Im Grunde sind alle Einheimischen aus Kitzbühel und Umgebung mit durchschnittlichem Einkommen, die eine Immobilie besitzen, von den Auswirkungen der geplanten Grunderwerbssteuer betroffen. Eine Liegenschaft im kleinen Kitzbühel mit dem viel zu großen Namen ist schnell mehr wert, als die für die „Luxusimmobilien“ bemessene  Untergrenze von 400.000 Euro. Die Erbschaft wird unbezahlbar. Der Wunsch vieler Vorfahren, ihren Nachkommen ein Eigenheim zu hinterlassen und ihr damit verbundener Fleiß, um dieses oft mühselige Vorhaben zu realisieren, wird dadurch eigentlich bestraft.

Wenn die neue Erbschaftssteuer eingeführt wird, so ist zu vermuten, dass ihr eines zwangsläufig folgen wird: Die Einheimischen werden früher oder später Kitzbühel verlassen müssen, ihre Liegenschaften verkaufen, weil sie das schwere und zu teure Erbe nicht mehr antreten können. Ist das im Sinne der so wohl durchdachten, den Steuerzahler so dermaßen entlastenden Steuerreform? 35 Millionen Euro sollen durch die neue Erbschaftssteuer eingespart werden. Den Kitzbühelern droht dadurch, worüber viele schon seit vielen Jahren lamentieren: Der Ausverkauf unserer Stadt. Der Verlust unseres Familienbesitzes, unserer Heimat. Christina Feiersinger

Bild: Der "wertvolle" Ausblick! Foto: Feiersinger

 

 
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