Kitzbüheler Anzeiger
26.02.2015
News  
 

Die Trauben hängen hoch

Nach einer intensiven Vorbereitungszeit zu Hause im PillerseeTal startet Dominik Landertinger am kommenden Montag in Richtung Saisonhighlight. Ob er seine Form perfekt getimt hat, welche Chancen er sich ausmacht und wie er mit der Rolle als Zugpferd des ÖSV-Teams umgeht, erzählt er im Interview. Interview & Foto: smpr

Nachdem dir eine Krankheit im Kampf um den Gesamtweltcup einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, bist du voll auf das Saisonhighlight Weltmeisterschaft fokussiert. Wieder topfit und bereit für die Medaillenjagd?
Landertinger: Gesundheitlich bin ich wieder bei 100 Prozent. Meine Form war beim letzten Weltcup in Oslo noch nicht perfekt, ich arbeite aber daran, dass ich pünktlich zur WM wieder topfit bin. Ob mir das gelingt, wird man beim ersten Rennen sehen.
 
Du hast dich seit dem Weltcup in Oslo zu Hause im PillerseeTal auf die WM vorbereitet. Wie ist die Trainingsphase gelaufen und wo lag dabei der Schwerpunkt?
Landertinger: In der vergangenen Woche standen gute Schusseinheiten mit meinem Privat-Schießtrainer Günther Schmid auf dem Programm, bei denen ich neue Reize gesetzt habe. Die Form am Schießstand ist gut. Läuferisch lag der Fokus in dieser Zeit auf dem Grundlagentraining um meine Physis zu stabilisieren. Bevor es nach Kontiolahti geht, folgt in dieser Woche noch das so genannte Maximaltraining, bei dem ich meinen Körper ans Limit bringe.
 
Kontiolahti trägt 2015 zum dritten Mal nach 1990 und 1999 eine Biathlon-Weltmeisterschaft aus. Wie hast du Loipe und Schießstand im finnischen WM-Ort in Erinnerung? Bedingungen, die dir liegen?
Landertinger: Die Strecke ist mit ihren steilen Anstiegen und selektiven Abschnitten hart, aber sicher etwas, das mir liegt. Das Schießen in Kontiolahti ist eine Herausforderung, der Schießstand ist sehr windanfällig, man muss sich jeden Treffer hart erarbeiten. Wie immer wird es eine schwere Aufgabe, Laufen und Schießen zu kombinieren. Die Bedingungen taugen mir aber.
 
Nach Silber im Sprint und Staffel-Bronze bei den Olympischen Winterspielen in Sotchi 2014: Was erwartest du dir von der WM in Finnland, was ist möglich und in welcher Disziplin siehst du deine besten Medaillenchancen?
Landertinger: Natürlich ist das große Ziel eine Medaille zu holen. Die Chancen dafür stehen in jeder Disziplin gleich, wenn ich läuferisch gut drauf bin, dann sowieso. Es wird aber eine harte Aufgabe, die Dichte ist brutal, in der Loipe bewegen sich alle auf hohem Niveau und es werden so gut wie keine Fehler mehr geschossen. Die Trauben hängen hoch.
 
Wer sind deiner Meinung nach die heißesten Konkurrenten im Kampf um Weltmeisterschafts-Edelmetall?
Landertinger: Puh, relativ viele, man muss eigentlich jeden auf der Rechnung haben. Da sind Jakov Fak, Anton Shipulin, Emil Hegle Svendsen, Johannes Thingnes Bø, Martin Fourcade, Simon Schempp, Arnd Peiffer – die Dichte ist wirklich brutal. Gewinnen wird am Ende der, bei dem alles zusammenpasst. Dazu gehört auch das Quäntchen Glück.
 
Du bist das Zugpferd im österreichischen Biathlonteam. Egal ob von Außen oder von dir selbst auferlegt: Verspürst du irgendeinen Druck im Rennen um WM-Edelmetall? Wie gehst du damit um?
Landertinger: Eine gewisse Anspannung ist bei jedem Rennen da, die brauche ich aber auch. Wenn ich locker an die Sache rangehe, dann wird es sowieso nichts. Der Druck hält sich bei mir aber in Grenzen, da ich nicht der Typ bin, der sich damit belastet. Am Ende mache ich es ja auch für mich selbst.
 
Gibt dir der Stempel „Großereignis“ einen zusätzlichen Kick oder gehst du bei einer Weltmeisterschaft mit der gleichen Anspannung in den Wettkampf wie bei „normalen“ Weltcups?
Landertinger: Ich laufe jedes Rennen voll und versuche 100 Prozent abzurufen. Von dem her ist es egal. Natürlich, bei WM- und Olympia-Rennen geht es um noch mehr, da ist man vielleicht den Tick angespannter. Aber nachdem ich im letzten Jahr in Sotchi gemeinsam mit drei Mitkonkurrenten zum letzten Schießen gekommen bin, kann mich in dieser Hinsicht nicht mehr viel erschüttern, denn mehr Druck als in einer so einer Situation geht kaum. Damals konnten wir dann im Team mit Simon Eder, Daniel Mesotitsch und Christoph Sumann die Bronzemedaille gewinnen. Ein tolles Gefühl.
 
Wie wichtig ist dir Mentaltraining?
Landertinger: Ich bin nicht der klassische Mentaltyp, Yoga oder Meditation sind nichts für mich. Gemeinsam mit Tom Schroffenegger mache ich aber Konzentrationsübungen um den Fokus am Schießstand zu optimieren. Nervosität gibt es für mich nicht, nur eine gewisse Grundanspannung. Mental habe ich nie viel gearbeitet, in dieser Hinsicht bin ich von Haus aus stark. Vor einem Rennen schaue ich mir aber gerne einen Boxkampf von Mike Tyson oder die besten Langlaufrennen der Geschichte an, das ist etwas, was mich motiviert.
 
Gibt es für dich Bezugspersonen auf deren Rat du in wichtigen Wettkampfphasen speziellen Wert legst und denen du besonderes Vertrauen schenkst?
Landertinger: Sportlich gesehen ist das einerseits sicherlich unser Cheftrainer Reini Gösweiner. Wir haben ein super Verständnis und mit ihm kann ich optimal über das Training diskutieren. Auf der anderen Seite arbeite ich auch viel mit meinem Privat-Schießtrainer Günther Schmid zusammen, von dem ich mir die notwendigen Tipps hole. Natürlich stehen auch meine Familie und meine Freunde hinter mir, in Sachen Sport mischen sie sich aber nicht viel ein.
 
Wobei kannst du – abseits von Training und Wettkampf – Kraft tanken und abschalten?
Landertinger: Am meisten entspannt mich ein gemütliches Essen mit Freunden daheim im PillerseeTal oder wenn ich zu Hause mit meiner Freundin auf der Couch liege und mir Serien im TV ansehe.
 
Die Resultate der Mannschaft sind heuer nicht ganz nach Wunsch gewesen. Wo siehst du den Grund dafür?
Landertinger: Meiner Meinung nach muss man bei uns beim Nachwuchs ansetzen. Die Norweger zum Beispiel können in jedem Jahrgang aus einem Pool von ungefähr 200 Biathleten schöpfen, aus dem später die Super-Athleten hervorgehen. Wenn wir 15 in jedem Jahrgang zusammenbringen, dann ist das gut. Da fehlt die Masse, aus der sich die Besten herausentwickeln können. Derzeit ist vor allem im Herren-Juniorenbereich das größte Loch auszumachen. Ein Lichtblick ist aber z.B. Felix Leitner, der gerade Weltmeister im Juniorenbereich geworden ist. Es kommt also –wie man auch bei den Olympischen Spielen der Jugend gesehen hat – schon etwas nach, vor allem bei den Mädels. Da möchte ich vor allem auch Lisa Hauser hervorheben, die einen tollen Job macht. Man muss den Jungen aber auch die Zeit zur Entwicklung geben. Im Ausdauersport kommt man nicht von heute auf morgen in die Weltspitze.

 
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