Kitzbüheler Anzeiger
11.12.2015
News  
 

Beklemmend realistisch

„Fest entschlossen zu leben und nie wieder zu lieben“ - Gänsehaut verursachten Claudia Lang-Forcher und Eva-Maria Kleiner mit ihrem Stück „Schreien möcht i“, das als Höhepunkt der Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ am Samstag in der Alten Gerberei aufgeführt wurde.

Nach wahren Begebenheiten

St. Johann | Die Autorin, Regisseurin und Schauspielerin Claudia Lang-Forcher erzählt, in dem von ihr geschriebenen Stück, die Lebensgeschichte zweier Frauen, die schreien möchten, aber keine Stimme finden, bis sie in der Nervenheilanstalt landen. Gitta (Claudia Lang-Forcher) wurde von ihrem Mann geschlagen, worauf sie dem Alkohol verfällt. Lisa (Eva-Maria Kleiner) wird von ihrem Liebhaber zur Abtreibung genötigt, was sie nie verarbeiten konnte.

Gänsehaut und den Tränen nahe

Die beiden Schauspielerinnen rührten mit ihrem Spiel zu Tränen, die Tatsache, dass das Stück auf wahren Begebenheiten basiert, verleiht dem Ganzen noch mehr Tragik. Und die Tatsache, dass noch immer tagtäglich Frauen und Mädchen misshandelt werden und sich nicht „schreien“ trauen, macht betroffen. Die beiden Frauen im Stück schaffen es, sich schlussendlich zu befreien und ihre eigenen Wege zu gehen.

Anschließende Diskussion mit Experten

Dass das Stück keine Fiktion ist, zeigte auch die anschließende Podiumsdiskussion, moderiert von Susanne Gröbner (Obfrau Soroptimist), mit Familienrichterin des Bezirksgerichtes Kitzbühel, Enrica Casdorf, der Referatsleiterin der Kinder- und Jugendhilfe der BH Kitzbühel, Marianne Hörl, Irene Schelkle (Mädchen und Frauenberatungszentrum St. Johann) und Martin Christandl vom Verein „Mannsbilder“.

Vor allem die Männerberatung ist in Tirol noch ein Stiefkind, wie Christandl aufzeigte. „Es gibt kaum Hilfe für Täter. Die Männer wissen nicht, wo sie sich hinwenden können, wenn sie so nicht mehr weitermachen möchten“, erklärt Christandl. Viel weiter sei man da schon in Vorarlberg, wo rund 600.000 Euro pro Jahr für Männerberatung bereit gestellt wird. „Wir bekommen nicht einmal 100.000 Euro und haben lange Wartelisten, weil wir tirolweit nicht genügend Personal für die Beratung anstellen können“, so Christandl.

Auch die Männer brauchen Hilfe

Auch Marianne Hörl, von der BH Kitzbühel, würde sich eine verpflichtende Beratung für gewalttätige Männer wünschen. Bis es soweit ist, müssen sich wohl die private Initiativen, wie das Mädchen- und Frauenberatungszentrum in St. Johann, alleine durchschlagen.

Nicht wegschauen und tabuisieren

Schade ist, dass zu so einem wichtigen Thema, das beide Geschlechter angeht, relativ wenig Besucher den Weg in die Alte Gerberei gefunden haben, um das Stück  „Schreien möcht i“ zu sehen. Gewalt in der Familie oder Partnerschaft scheint nach wie vor ein Tabuthema zu sein, dabei sollte bei diesem Thema keiner wegschauen. Johanna Monitzer

Bild: Zwei Frauen am Scheideweg: Claudia Lang-Forcher und Eva Maria Kleiner verkörperten realistisch und beklemmend das Gefühl schreien zu wollen, aber nicht zu können. Ein Abend voller Emotionen. Foto: Monitzer

 
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