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Kitzbüheler Anzeiger
01.01.2019
News  
 

Wundersame Welt eines Künstlers

Zwischen Absurdität, Wortwitz, Ironie und strenger Geometrie bewegt sich die Kunst von Ernst Caramelle. Dem Tiroler Künstler ist eine umfangreiche Personalia im Wiener mumok gewidmet, die Einblicke in seine Art des Kunstschaffens gibt – eine Art, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnte.

Hall | Konzeptkunst und Malerei sind nicht unbedingt ein Widerspruch – sie sind beide ganz individuelle Ausdrucksweisen des Künstlers. Die Konzeptkunst hat den Sinn, der absoluten Individualität des Künstlers zu dienen und die pure Idee aus der Geste des Künstlers herauszuschälen. Diesen Moment hat der Künstler Ernst Caramelle fast durchschritten und seine Werke mit einer absoluten Poesie wieder angereichert.

Seine Werke wirken als eine Verschränkung von einem strengen Konzept und einem künstlerisch-emotionalen Ausdruck, also ein Abtausch von Gedanken und Gefühlen, von Herz und Verstand.

Ernst Caramelle bezieht alle Erlebnisfelder, die der Erfahrung des Kunstwerks dienen, mit ein – also alle künstlerischen Ausdrucksmittel, alle Sinneserfahrungen und die Beziehung von Raum und Objekt.

Das künstlerische Werk ist klar strukturiert

Das künstlerische Werk von Caramelle ist klar strukturiert, ironisch, manchmal auch suspekt. Es ist vor allem aber vielschichtig und tiefgründig. Der Künstler, der eigene künstlerische Aktivitäten und Lehre als Professor an der Kunstuniversität Karlsruhe stets verband, hatte vor vielen Jahren in Kitzbühel ausgestellt. Umso erstaunlicher ist, dass sich erst jetzt ein österreichisches Museum – das mumok Wien – an eine umfassende Retrospektive heranwagt.

Dabei ist der gebürtige Tiroler (1952* in Hall in Tirol) alles andere als still und leise. Ursprünglich sollte Caramelle den Beruf des Glasmalers ausüben. Mit jungen Zwanzig ging er nach Wien und studierte an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Sein Vater, ein Gendarm, war mit dem Vorhaben seines Sohnes keinesfalls einverstanden und intervenierte sogar beim Rektor, um ihn von einer Ausbildung und Karriere als Künstler abzuhalten. Anfangs begann Caramelle in der Meisterklasse für Industriedesign und schließlich schaffte er den Sprung in die Kunstszene und eroberte für sich den internationalen Kunstmarkt.

Caramelle bedient sich in seinem Kunstschaffen der unterschiedlichsten Medien: Zeichnung, Malerei, Fotografie, Video, Wandmalerei, Druckgrafiken.

Dabei wählt Caramelle nicht immer den einfachsten Weg – die Versuchsreihen für seine Werke gestalteten sich komplex und bizarr zugleich.

In seinem Werk Vino Dramatico (1982) malte er mit Wein auf Wand – eine völlig unkonventionelle Art des Schaffens. Seine berühmteste Installation: Video-Ping-Pong. Ein Tischtennistisch, zwei Bildschirme mit einer Aufnahme von Ping-Pong Spielern und die Geräuschkulisse. Greifbar bleibt der Tisch – der Rest erscheint als eine Illusion.

Das Licht als Gestaltungsmittel

Auch der Moment des Vergänglichen spielt in seinen Arbeiten eine bedeutende Rolle. In seinen Lichtarbeiten zieht er das Licht gezielt als Gestaltungsmittel heran. „Sonne auf Papier“ müsste man als künstlerische Technik anführen. Caramelle setzt hier bestimmte Stellen des Papiers für eine gewisse Zeit der Sonneneinwirkung aus und bleicht das Papier. Abgedeckte Stellen bleiben in dem satten Farbton des Papiers erhalten. Diese Arbeiten unterliegen dem Moment der Vergänglichkeit. Werden diese Arbeiten nämlich weiterhin dem Licht, wie es bei Ausstellungen auch der Fall ist, ausgesetzt, so wird der Belichtungseffekt weitergeführt und die Bilder brauchen sich wie von selbst förmlich auf.

Caramelle hinterfragt immer wieder kritisch die Beziehung zwischen Kunst und Status, Original und Fälschung sowie Produktion und Reproduktion – mit „Art ist Fake“ begründet er auch seinen konzeptionellen Ansatz seines Kunstschaffens.

Derzeit im mumok in Wien zu sehen

Die Ausstellung des gebürtigen Tirolers, der ausgezogen ist, um die Kunstwelt zu erobern, ist noch bis zum 28. April im mumok Wien zu sehen. Er selbst bezeichnet die Schau als „ein Resümee und nicht als Finale“ – er ist ja schließlich noch nicht fertig.

Bild: Lichtarbeit (1985) von Ernst Caramelle: Sonneneinwirkung auf Papier, 23,8 x 23,4 cm. Rechte: Universität für angewandte Kunst, Kunstsammlung und Archiv

Kunstblicke: Mag. Martina Dorner-Bauer ist Kunsthistorikerin, Ausstellungskuratorin, Autorin, Betreuerin div. Kunstsammlungen und Gründerin der Agentur DieKunstagenten.
martina@diekunstagenten.at     

 
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