Kitzbüheler Anzeiger
08.03.2020
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Wohnungsprojekt erneut vertagt

Wie komplex die Raumordnung in einer kleinen Gemeinde sein kann, zeigt einmal mehr ein Wohnbauprojekt in St. Ulrich. Geplant sind rund 15 Wohnungen im oberen Preissegment. So geht es aber nicht, sagt der Gemeinderat.

St. Ulrich | Es sind buchstäblich Mammutsitzungen, die St. Ulrichs Vizebürgermeister Christoph Würtl monatlich mit seinem Bauausschuss abhält. Nahezu täglich landen auf dem Schreibtisch des örtliches Bauamtes Ansuchen um Umwidmungen, Neu- und Umbauten aber auch Wünsche nach Änderungen von Bebauungsplänen, die der vierköpfige Bauausschuss durchackern muss.
Schlussendlich muss die Empfehlungen dann auch noch der  Gemeinderat absegnen. Auch hier sind langwierige Diskussionen an der Tagesordnung, wie die jüngste Sitzung einmal mehr zeigte.

„Unsere Aufgabe ist es nun einmal unser Landl zu schützen“, betont Vbgm. Christoph Würtl, der im Zivilberuf selbstständiger Bauplaner und damit vom Fach ist. Ihm ist bewusst, dass die Materie hochkomplex und vor allem sehr sensibel ist. Vor allem auch für jene Mandatare, die im Zivilberuf mit dem Bau nichts am Hut haben, ist es nicht einfach, sich hier einzuarbeiten. Und nicht nur in St. Ulrich wird die Raum­ordnung immer schwieriger. „Wenn es die Leute bei Themen in der Gemeinde nicht direkt trifft, ist es nicht so schwierig“, weiß Würtl. Sind Grundeigentümer aber direkt betroffen, dann sehe die Sache schon anders aus. Da werde einem dann schon „Kommunismus“ vorgeworfen, weil gewisse Dinge, die ein Bauherr oder Grundbesitzer machen will, nicht möglich sind. Konflikte seien da vorprogrammiert.
Das 1.800-Einwohner-Dorf ist aber auch zum Paradies für Zweitwohnsitze geworden, auch viele Einheimische haben St. Ulrich für sich entdeckt. Mit dieser Entwicklung gehen naturgemäß auch steigende Grundpreise einher.

Bezahlbare Gründe sind bereits Mangelware
Es ist immer schwieriger, in Gunstlagen bezahlbare Grundstücke zu bekommen. Hier will die Gemeinde gegensteuern. „Wir sind natürlich sehr beengt und müssen versuchen, das Bestmögliche für die Gemeinde zu machen, auch wenn das nicht immer populär ist. Aber wir müssen unser Landl schützen“, bet0nt der Vize-Dorfchef. Derzeit sind es wieder einige gewünschte Projekte, die nicht nur im Bauauschuss für Kopfzerbrechen sorgen.
Zum einen steht ein sogenanntes „Investorenmodell“ zur Diskussion. In unmittelbarer Nähe zur Buchensteinwand soll eine touristische Einrichtung entstehen, allerdings nicht in Hotelform, es sollen Wohnungen kommen. Vorerst hat das Land das Projekt, dem der Gemeinderat zugestimmt hat, wegen eines Formalaktfehlers wieder zurückgewiesen.

Doch in der jüngsten Sitzung stand das Projekt eines Ellmauer Architekten-Duos auf der Tagesordnung, das die Wogen hochgehen lässt. Sie wollen drei Gebäude mit 15 Wohnungen errichten. Allerdings ist nur ein Teil des geplanten Grundstücks gewidmet, der Rest ist noch Gewerbegrund. Bereits in der letzten Gemeinderatssitzung zeigten sich die Mandatare alles andere als begeistert. Sollen diese doch am freien Markt verkauft werden. „Die kann sich bestimmt kein St. Ulricher leisten“, so der einhellige Tenor. Inzwischen haben sich die Investoren bereit erklärt, der Gemeinde fünf Wohnungen zur Vergabe zu überlassen – natürlich zu moderateren Preisen. Als in der jüngsten Sitzung das Thema wieder auf den Tisch kam, sprang der betroffene Architekt nicht nur einmal auf. So gibt es nämlich von Seiten des Bauausschusses die Empfehlung in diesem Bereich des Dorfes nur den Bau von Einfamilienhäusern zu genehmigen. Außerdem muss für die anstehende Widmung in jedem Fall ein Raumordnungsvertrag unterschrieben werden.
Davon wollte das Planer-Duo nichts hören. Raumordnungsverträge kämen für sie keinesfalls in Frage. Noch aber gehört den beiden das Grundstück nicht. „Wir werden jetzt erst einmal mit dem Grundeigentümer reden“, setzte  Bgm. Brigitte Lackner der Diskussion ein Ende. In der März-Sitzung rede man wieder darüber.

Altlasten erschweren die Raumordnung
Für Christoph Würtl ist dieser Fall nur einer von vielen: „Das Land sagt, die Gemeinden sollen es sich selber machen. Aber das wird immer schwieriger, weil keiner mehr auf den anderen Rücksicht nimmt!“ Und er nimmt auch die vorhergehenden Generationen in die Pflicht. Heute würde man mit diesen Altlasten schwer kämpfen. Margret Klausner

An den Ufern des Pillersee lässt es sich gut leben – das entdecken auch immer mehr Bauinvestoren für sich. Für die Gemeinde, die leistbaren Wohnraum will, wird es immer schwieriger. Foto: Kitzbüheler Alpen

 
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