Kitzbüheler Anzeiger
08.02.2020
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Wie gefährlich ist die echte Grippe?

In diesem Winter mussten schon mehrere Schulen aufgrund von Grippe geschlossen werden. Sind die Viren heuer besonders weit verbreitet? Und was kann man dagegen tun? Prim. Dr. Norbert Kaiser, der ärztliche Leiter des Bezirkskrankenhauses St. Johann, klärt auf.

Wie unterscheidet sich eine „echte“ Grippe von einem grippalen Infekt?
Die sogenannte echte Grippe wird durch Influenzaviren hervorgerufen. Es gibt im Wesentlichen zwei große Gruppen, die  A- und B-Viren. Dabei mutieren diese Viren ständig, sie passen sich an und deshalb muss auch der Impfstoff jedes Jahr an die zu erwartenden Erreger angepasst werden.
Eine echte Grippe, Influenza, ist eine schwere Erkrankung, die plötzlich kommt. Man fühlt sich von heute auf morgen krank. Zu hohem Fieber kommen Gliederschmerzen, Kopfweh und meist ein trockener Husten hinzu – wobei es auch zu einer viralen Lungenentzündung kommen kann. Eine Grippe kann sich ebenso auf das Herz schlagen. Die Influenza ist eine systemische Erkrankung, welche den ganzen Körper massiv schwächt und bei Patienten mit Begleiterkrankungen oder Immunschwäche sogar zum Tod führen kann.
Im Gegensatz dazu beginnen Erkältungskrankheiten meist zunächst mit Halsweh, man fühlt sich schlecht und merkt, hoppla, da bahnt sich etwas an. Typisch für eine Erkältungskrankheit ist auch der Schnupfen mit rinnender Nase – das ist bei der Grippe nicht der Fall.

Die Volksschule in Jochberg musste geschlossen werden. Sind die Grippeviren heuer besonders weit verbreitet?
Wir haben heuer bislang nicht mehr Grippefälle als im letzten Jahr. Ich würde sogar sagen, letztes Jahr war bis zum heutigen Datum noch ein intensiveres Grippe-Jahr. Was ist heuer anders? In den vergangenen Jahren herrschten entweder die A- oder die B-Viren vor. Heuer ist es eine Mischung daraus, welche auch von Land zu Land wiederum unterschiedlich ist.
Wir haben heuer Grippeviren, die vor allem Kinder befallen. Das Immunsystem von Kindern lernt noch und ist nicht geschützt.

Jedes Jahr steht die Grippe-Impfung in der Diskussion - was raten Sie Ihren Patienten?
Eine Grippe-Impfung ist der einzige Schutz vor der Viruserkrankung und wäre für Jedermann sinnvoll. Was zusehends vergessen wird ist, dass z.B. die Spanische Grippe Anfang der 1920er Jahre mehr Todesopfer forderte, als der erste Weltkrieg. Heute können wir uns davor schützen. Man darf auch nicht vergessen: Durch eine Impfung verhindert man, dass man andere ansteckt.

Es gibt nach wie vor sehr viele Impf-Skeptiker.
Ich höre auch öfters, dass Menschen sagen, just in dem Jahr als sie sich gegen Grippe impfen lassen haben, waren sie krank. Das ist natürlich nicht ausgeschlossen, aber in den meisten Fällen wird daran nicht das Influenzavirus schuld gewesen sein.
Jedoch: keine Grippe-Impfung hat eine 100-Prozentige Wirkung. Es hängt davon ab, ob die Prognose der WHO, welche Virenstämme zu erwarten sind, stimmt. Zu empfehlen ist der 4-Fach Impfstoff mit je zwei  Stämmen aus der A und der B Linie, damit hat man einen breiten Schutz. Wenn die Impfrate innerhalb der Bevölkerung steigt, dann verbreiteten sich die Viren auch weniger. Ohne Impfungen können sich die Viren überall, wo viele Leute aufeinandertreffen, fast ungehindert ausbreiten – deshalb trifft es auch die Schulen so stark.
Generell muss ganz klar gesagt werden: Grippe ist derzeit in unserer Gegend viel gefährlicher als das Coronavirus.
Die neue Regierung überlegt, zumindest eine Impfpflicht für medizinisches Personal einzuführen, was ich sehr begrüßen würde.

Macht es Sinn, sich jetzt noch impfen zu lassen?
Ja, das macht sehr wohl noch Sinn. Die Grippesaison dauert immerhin noch bis Ende März/April.

Wenn man sich nicht impfen lassen möchte, wie kann man sein Immunsystem stärken?
Jeder Mensch sollte generell darauf achten, dass sein Immunsystem intakt ist. Genügend Schlaf, nicht zu viel Stress, möglichst wenig Alkohol, nicht Rauchen und Bewegung an der frischen Luft sind dafür wichtig.
Ganz wichtig ist auch, sich regelmäßig die Hände zu waschen. Sollte man direkt mit Grippe-Infizierten zu tun haben, sind Mund- und Augenschutz ratsam.

Und wenn einen die Grippe erwischt hat, was sollte man beachten?
Nehmen sie zunächst nur telefonischen Kontakt mit ihrem Hausarzt auf – weil sonst steckt man die Personen im Wartezimmer gleich mit an. In einem frühen Stadium gibt es Medikamente, die helfen. Johanna Monitzer

„Influenza ist eine schwere systemische Erkrankung, welche den ganzen Körper schwächt und zum Tod führen kann“, erklärt Prim. Dr. Norbert Kaiser. Foto: Egger

 
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