Kitzbüheler Anzeiger
20.01.2016
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Warum kann man in der Kälte den Atem sehen?

Jeder hat es schon getan - an einem kalten Wintertag tief einatmen und beim Ausatmen einen großen, feenhaften Nebel des eigenen Atems dabei beobachten, wie er sich sekundenschnell zerstreut. Es scheint so, als könne man Wolken hervorzaubern.

Kitzbühel | Warum kann man den Atem eigentlich sehen, wenn es draußen kalt ist? - Dann gibt es aber auch Tage, an denen es sehr eisig ist, der Atem aber keine Wolken bildet. Warum?

Kurz gefasst hat es damit zu tun, dass die Feuchtigkeit im eigenen Atem eine plötzliche Änderung ihres Taupunktes erfährt. Der Taupunkt ist jene Temperatur, bei der der Wasserdampf der Luft zu kondensieren beginnt und kleine Tröpfchen, also flüssigesWasser bildet. Wie das genau vor sich geht, habe ich im letzten Narrotibi, im Dezember 2015, im Detail beschrieben.

Wenn die Luft warm ist, so wie im Inneren Ihres Körpers, ist der Taupunkt hoch, da Wärme Wassermoleküle dazu anregt, sich rascher zu bewegen. Das mündet darin, dass Wasser zu Wasserdampf, also gasförmig wird. Spricht man von hoher Luftfeuchtigkeit, meint man immer den Anteil an Wasserdampf in der Luft und nie flüssiges Wasser. Das ist auch gut so, denn in unseren Lungen können wir mühelos Luft mit hoher Luftfeuchtigkeit aus- und einatmen, würden aber ertrinken, wenn die Luftfeuchtigkeit beim Einatmen zu Tröpfchen kondensieren würde. Unsere Körperwärme bewirkt also, dass der Taupunkt hoch ist und wir beim Atmen nicht ertrinken.

Warme Luft kann bedeutend mehr Wasserdampf aufnehmen. Das ist auch der Grund, warum heiße Sommer so bleiern und schwül sein können. Aber kalte Luft bremst die gasförmigen Wassermoleküle ab und lässt sie zu Tröpfchen kondensieren. Also hat kalte Luft logischerweise viel weniger Luftfeuchtigkeit und ist daher immer trockener als warme. In unseren Lungen herrschen das ganze Jahr über tropische Verhältnisse. Es ist rund 37°C heiß und extrem schwül. Die Luft wird in den Lungen befeuchtet. Tatsächlich wird die ausgeatmete Luft vollständig mit Wasserdampf gesättigt. Sie enthält die maximale Menge an Feuchtigkeit, und somit eine relative Feuchtigkeit von 100%. Wir verlieren Wasser, wenn wir atmen! Und wenn der Wasserdampf dieses heißen Atems auf die kalte Umgebungsluft trifft, werden - wie erklärt - die Wassermoleküle stark abgebremst und kondensieren zu winzig kleinen Tröpfchen. Dabei handelt es sich um denselben Mechanismus, der in der Atmosphäre Nebel entstehen oder Fensterscheiben anlaufen lässt. Bei letzteren setzen sich die Tröpfchen an winzig kleinen und unsichtbaren Unregelmäßigkeiten an der Glasoberfläche ab.

Aber - und auch das wissen wir schon vom letzten Narrotibi-Artikel über das „schmutzige Geheimnis von Schnee“ - wir benötigen noch Kondensationskeime, damit sich der Wasserdampf zu Tröpfchen verwandeln kann. Auch wenn die Luft voller mikroskopischer Verunreinigungen ist, wie Rußpartikel, Feinstaub und Schmutzkörner, würden diese nicht ausreichen, eine derart dichte, wenn auch kleine und begrenzte Atemwolke entstehen zu lassen. Es braucht eine hohe Konzentration an diesen Kondensationskeimen direkt vor unserem Mund. Das überraschende ist, wir liefern diese Verunreinigungen beim Ausatmen gleich mit. Im Atem sind zahlreiche Zellpartikel, abgestorbene Köperzellen, Proteine und sogar DNA-Moleküle enthalten. Und so mischen sich diese Partikel mit ohnehin in der Umgebung vorhandenen Verunreinigungen und reichern sie an. All das dient dem warmen, feuchten Atmen dazu, sich in einen wunderschönen, rasch vergänglichen Nebel zu verwandeln.

Am Beginn des Artikels habe ich erwähnt, dass manchmal keine Atemwolken entstehen, auch wenn es recht kalt ist. Das hat wieder mit der relativen Luftfeuchtigkeit zu tun. Stellen Sie sich vor, es ist kalt, aber viel trockener, als es der Temperatur eigentlich entspräche. Das bedeutet, dass diese Temperatur sozusagen noch „Platz“ für eine gewisse Menge an Luftfeuchtigkeit hat. Beim Ausatmen verteilt sich nun die warme und sehr feuchte Atemluft blitzartig in Bruchteilen einer Sekunde in der Umgebungsluft, und es bleibt ihr keine Zeit mehr, zu kondensieren und Atemwolken zu bilden.

Es gibt keine exakte Temperatur, ab wann man Atemwolken sehen kann. In Abhängigkeit der Luftfeuchtigkeit - wie wir inzwischen wissen - kann dies ab rund +7°C der Fall sein. Bei perfekten Bedingungen ist es schon zwischen +10 und +12°C möglich. Fotos & Illustrationen: Andreas Pflügler



 
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