Kitzbüheler Anzeiger
09.09.2018
News  
 

Wachstum, aber keine Fachkräfte

Über volle Auslastung freut sich der Tiroler Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk, Franz Jirka. Anlässlich seines Bezirksbesuches machte er aber auch auf Herausforderungen der Branche aufmerksam.

Kitzbühel  | Der Bezirk Kitzbühel ist nicht nur „Tourismusland“: Wirtschaftskammer-Bezirksobmann Klaus Lackner wird nicht müde zu betonen, dass rund ein Drittel der regionalen Wertschöpfung vom Gewerbe und Handwerk generiert wird: „Die Sparte genießt einen hohen Stellenwert.“ Gleichzeitig seien die Unternehmen im Bezirk eher klein strukturiert – 90 Prozent Klein- und Mittelbetriebe. Daher unterstreicht Jirka, stellen sie auch ein starkes Rückgrat der heimischen Wirtschaft dar und sind stärker gewappnet gegen Finanzkrisen.

Von Krise ist derzeit ohnehin nichts zu spüren, im Gegenteil: Die Auftragslage und die Umsätze in Tirol liegen 2,1 Prozent über dem Vorjahr. „Nur sieben Prozent unserer Mitglieder beurteilen die Auftragslage als schlecht“, so Jirka. Und Lackner ergänzt: „Mit 27.796 Beschäftigten und einer Arbeitslosigkeit von 2,2 Prozent herrscht aktuell im Bezirk quasi Vollbeschäftigung.“

Fachkräftemangel bremst Konjunktur

Die Fachkräftesituation ist tatsächlich auch die einzige Grenze, die die aktuelle Konjunkturlokomotive stoppen kann. „Wir haben einen eklatanten Mangel an Fachkräften im Bezirk und müssen davon ausgehen, dass die Hälfte unserer Betriebe Umsatzeinbußen hat, weil sie kein qualifiziertes Personal finden“, präzisiert der Wirtschaftskammerobmann.

Konkret sind 87 Prozent der Betriebe im Bezirk vom Fachkräftemangel betroffen. Vergangenes Jahr gaben „nur“ 66 Prozent an, kein qualifiziertes Personal zu finden.

Klar, dass die Lehre das Schlüsselelement ist, um der Situation gegenzusteuern. „Das Image der Lehre ist noch nicht so implementiert, wir setzen verstärkt bei den Eltern an“, sagt Lackner.
2.300 Betriebe im Bezirk Kitzbühel werden der Sparte Gewerbe und Handwerk zugerechnet, 5.600 Mitarbeiter sind in diesen Unternehmen beschäftigt. 240 Ausbildungsbetriebe in der Sparte bilden aktuell 590 Lehrlinge aus. Tirolweit sind 5.300 Lehrlinge in der Sparte Gewerbe und Handwerk in Ausbildung – das macht die Hälfte aller Lehrlinge aus.

Preisdruck dämpft die Erwartungen

Der Tiroler Sparten-GF Ludwig Kössler ergänzt: „Durch viele Aktivitäten schaffen wir es, dass 40 bis 50 Prozent aller Schulabgänger in die Lehre gehen.“ Karriere mit Lehre garantiere einen entsprechenden Lebensverdienst.

Spartenobmann Franz Jirka sieht allerdings noch einen anderen Grund, warum die allgemeine Freude über die vollen Auftragsbücher nicht vollends ungetrübt ist: „Der Fachkräftemangel in Kombination mit dem steigenden Preisdruck ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass die Erwartungen der Betriebe für den weiteren Jahresverlauf etwas gedämpft sind.“ So rechnen nur 18 Prozent aller Unternehmer damit, dass sie ihre Umsätze gegenüber dem dritten Quartal des Vorjahres steigern können, im Jahr 2017 gingen noch 25 Prozent von einer Steigerung aus.

Jirka fordert im Zusammenhang mit dem sich verstärkenden Preiskampf der Branche den „Mut zum Preis“: Er fordert „Unternehmer auf, eine Kostenwahrheit einzuführen.“ Gerade die aktuelle Hochkonjunkturlage biete die Chance dazu, wie Jirka betont.

Auch die digitalen Herausforderungen können der Stärke der Branche nichts anhaben, wie Franz Jirka weiter ausführt. „Veränderungen sind normal, wir nützen diese Chance für ein Aufflackern der Stärke im Handwerk“, kommentiert der Spartenobmann. Die Digitalisierung begleite die Branche bereits seit bald 20 Jahren und hat viele Tätigkeiten bzw. Planungsarbeiten erleichtert. Das „Hand“-Werk ersetzen kann die Entwicklung ohnehin nicht:

„Nur durch Digitalisierung ist noch kein Ziegel auf ein Dach gesetzt worden“, formuliert es Jirka launig. Tirol und gerade auch der Bezirk Kitzbühel ist ein Handwerksland, wie Franz Jirka abschließend betont. Daher appelliert er gemeinsam mit WK-Obmann Klaus Lackner nochmals eindringlich, gegen den Fachkräftemangel zu steuern – mit Verstärkung der Lehre bzw. leichterem Zugang zum Arbeitsmarkt, etwa mittels Rot-Weiß-Rot-Karte.
Elisabeth Galehr

Bild: Gewerbe und Handwerk als Rückgrat der heimischen Wirtschaft: Davon sind WK-Obmann Klaus Lackner, der Tiroler Spartenobmann Franz Jirka, Sparten-GF Ludwig Kössler und WK-Bezirksstellenleiter Balthasar Exenberger überzeugt. Foto: Galehr

 
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