Kitzbüheler Anzeiger
03.12.2024
News  
 

Musikant und Kapellmeister-Urgestein Alois Brüggl

Nach insgesamt 39 Jahren als Kapellmeister ist Alois Brüggl mit dem letzten Cäcilienkonzert in Hochfilzen in Musikpension gegangen. Mit dem Kitzbüheler Anzeiger plaudert er über Vergangenes, Erreichtes und Gelerntes.

St. Ulrich | Begonnen hat seine Liebe zur Musik als Trompeter bei der Musikkapelle St. Ulrich. „Vor 59 Jahren bin ich als Trompeter eingestiegen, nach eineinhalb Jahren kam das Flügelhorn dazu. Das Spielen habe ich mit zehn Jahren bei Adolf Troger und Richard Mitterer gelernt, mit elf kam ich zur Musi. Die Ausbildung damals war brutal. Heute haben wir hundert Prozent Förderung, damals hatten wir vielleicht zwei. Wenn du da nicht selbst initiativ warst, warst du verloren. Der Adolf hat mich dazumal bei sich im Café Troger zwischendurch unterrichtet, wenn halt grad Zeit war.“

Alois‘ Interesse an der Theorie hinter dem praktischen Spiel brachte ihn zu Kapellmeisterkursen: „Interessiert hat mich das musikalische Spektrum. Am Grillhof gab es vom Landesverband Kapellmeisterkurse. In dieser Zeit war Florian Pedarnig, der Komponist von „Dem Land Tirol die Treue“, dort Vortragender.

Die Aufgabe eines Kapellmeisters
„Mit ihm habe ich den Faden geknüpft, wir haben uns unglaublich gut verstanden. Er war mein Mentor. Nicht nur musikalisch, auch menschlich. Und dann war es so, dass der damalige Kapellmeister Richard Mitterer aufgehört hat. Ich wollte den Job aber eigentlich gar nicht haben. Die Kurse habe ich nur zur musikalischen Weiterbildung gemacht. Ich wollte Bläser sein, ich war mein Leben lang gerne Flügelhornist und Trompeter. Ganz ehrlich gesagt, haben sie mich dazu fast vergewaltigt“, erinnert sich Alois schmunzelnd.

Auf intensives Drängen habe er damals nachgegeben – nachdem er sich zwei wichtige Unterstützer mit ins Boot holte. „Alfred Reiter war damals Kapellmeister in St. Johann und hat bis auf die Querflöte einfach alles an Instrumenten ausgebildet. Er war ein guter Freund von mir.

Die Musik war sein Anker
Am Vortag der Wahl zum Kapellmeister haben wir uns getroffen, weil ich ihn fragen wollte, ob er mir hilft, mit mir nach St. Ulrich geht und die Jugend dort ausbildet. Er meinte, gib mir eine Nacht zum Überlegen, am nächsten Morgen hat er zugesagt. Ich habe auch noch Florian Pedarnig angerufen, um ihn nach seiner Einschätzung zu fragen. Er sagte: ,Lois, übernimm‘s, ich weiß, du schaffst das.‘ Damit war die Entscheidung getroffen. So wurde ich zum Kapellmeister.“

Insgesamt 24 Jahre stand Alois der Musikkapelle St. Ulrich dann vor. „Ich habe die Musi mit 36 Musikanten übernommen, am Ende waren es 66. Wir haben Wahnsinnserfolge eingespielt, bei jedem Wertungsspiel mitgemacht und beim ORF Livekonzerte gegeben. Aber nach einer gewissen Zeit erreicht man die Musikanten nicht mehr. Es musste dann einfach irgendwann neues Blut her. Ich war auch ausgelaugt, es gehen einem irgendwann die Ideen aus. Es ist unheimlich viel Arbeit, und man braucht vollen Einsatz. Das wird oftmals unterschätzt. An erster Stelle stand für mich immer die Familie. Wenn es zu Hause nicht passt, dann kann ich nicht außer Haus gehen und die schwierige Arbeit übernehmen, wenn man den Rücken nicht frei hat. Aber die Musik hat mir so viel gegeben in meinem Leben, dass ich keine Sekunde vermissen möchte.“

Voll des Lobes ist Alois für den aktuellen Kapellmeister der Nuaracher Musik Andreas Wörter: „Damals hat Florian Pedarnig den Tiroler Zapfenstreich komponiert. Nirgends konnten sie ihn aufführen, mir wollte er ihn auch umhängen aber ich sah mich da musikalisch nicht aus, da brauchst du auch eine saugute Musik. Der Andi Wörter hat das dann gemacht und das war eine unglaublich tolle Sache.“

Musik für das Publikum
Seine Menschenkenntnis habe ihm oftmals weitergeholfen, erzählt Alois lachend: „Das war manchmal für mich das Interessanteste überhaupt. Du kommst ins Probelokal und du siehst am Gesichtsausdruck, wen du heute in Ruhe lassen musst.“ Ein weiteres Erfolgsgeheimnis sieht er in seinem oftmals glücklichen Händchen in der Musikauswahl: „Ein Konzert muss vielseitig und interessant sein.

Es gibt die Gassenhauer, die musst du spielen, aber ansonsten braucht man Kreativität. Deswegen habe ich immer sehr viele Seminare besucht, die mich inspiriert haben. Das ist ein Muss für einen Kapellmeister, sonst verliert man sich in einer Einbahnstraße.“ Ein zentrales Anliegen war es Alois auch, seinen Musikanten zu vermitteln, Musik fürs Publikum zu machen: „Was wäre eine Musikkapelle, wenn ihr niemand zuhört. Bei den Sommerkonzerten hatten wir in der Hochfilz durchschnittlich um die 200 Zuhörer. Da muss man aber bedenken, dass da kaum Touristen sind. Die kamen alle nicht, weil wir so unheimlich gut musizieren, sondern wir einen netten, musikalischen Unterhaltungsabend boten. Aber wenn die Leute im Publikum lauter sind als du auf der Bühne, dann passt was mit dem Programm und der Gestaltung nicht.“

Kapellmeister in Hochfilzen
Ganz ohne Musik ging es für Alois dann aber nach dem Rückzug bei der St. Ulricher Musik nicht. So kam es damals zur Gründung der „Pillerseer Musikanten“, mit deren Beteiligung er heute das Seeleuchten am Pillersee organisiert – seit 15 Jahren und mit vollem Herzblut und auch noch in der Zukunft: „Ich bin jetzt 72 Jahre alt, aber ich finde es erschreckend zu sehen, dass viele aus meinem Jahrgang so gar nichts mehr tun. Für das Seeleuchten bin ich jetzt voll in der Planung, fünfzehn Veranstaltungen stehen für 2025 schon wieder.“

Die „Pillerseer Musikanten“ waren es auch, die den weiteren Weg von Alois Richtung Hochfilzen bereiteten. Noch im gleichen Jahr des Rücktritts in St. Ulrich baten ihn zwei Musikerkollegen, sich die Lage in Hochfilzen anzusehen. „Ich habe da nur gesagt, Mander, ich habe es gerade erst gelassen, ich will eigentlich nimmer. Die haben nicht lockergelassen. Drinnen war alles im Graben. Da habe ich zwei, drei Monate überlegt. Meinen Musikkameraden zu Liebe sagte ich dann zu, hab versprochen, es einmal für ein Jahr zu machen und nun sind es 15 Jahre geworden.“ Die infrastrukturellen Voraussetzungen seien in Hochfilzen besonders gut gewesen.

„Mit harter Arbeit habe ich die Musik wieder hingebracht zu einer sehr guten Kapelle. Ein großer Fokus lag auf der Jugendarbeit. Große Überzeugungskraft war nötig, wieder bei den Wertungsspielen mitzumachen. 2023 erspielten wir dann eine Goldmedaille mit Auszeichnung. Das war der musikalische Höhepunkt.“

Dann reifte der Entschluss des Abschiedes. „Man sollte den Abschluss nicht verpassen. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch. Oft hat man mir nachgesagt, nach außen hin hart, aber drinnen relativ labil. Aber ehrlich gesagt, ist mir die Entscheidung leichtgefallen, es ist gereift in mir und jetzt bin ich auch erleichtert. Mich hat oft beschäftigt, dass mein Abgang passen, dass ich den Absprung gut schaffen muss.“

Cäcilienkonzert zum Abschied
Dieser Absprung war das Cäcilienkonzert 2024 unter dem Motto „Das Beste der letzten 15 Jahre“. Die Bundesmusikkapelle Hochfilzen dankte es ihrem Kapellmeister unter anderem in dem rührenden Post auf Facebook, der die tiefe Verbundenheit und große Wertschätzung ausdrückt: „Lieber Lois […] Danke für deine Hingabe, deine Arbeit, deine Geduld und die gemeinsame Zeit! Mit einem beeindruckenden musikalischen Können hast du unsere Musikkapelle enorm vorangebracht!“

Alois‘ Ziel, zum richtigen Zeitpunkt mit gutem Gewissen in Kapellmeister-Pension zu gehen scheint offenkundig erreicht, er kann auf eine beeindruckende Musikerkarriere zurückblicken und scheint noch kein bisschen müde. „Mein Leben war Musik und das mit voller Begeisterung. Damit fühle ich mich nun wohl, es passt für mich.“ est, Foto: Sina Bodingbauer

 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen