Kitzbüheler Anzeiger
27.11.2020
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Im Alter von 100 Jahren noch fit

Auf ein langes und vor allem bewegtes Leben blickt Notburga Steiner zurück. Vor Kurzem feierte die Waidringerin im Pflegeheim St. Johann ihren 100. Geburtstag. Ein Gespräch über das Alter, die Schwierigkeiten im Leben und ihren letzten Wunsch.

St. Johann, Waidring | Seit einigen Jahren lebt Notburga Steiner im Pflegeheim St. Johann. Mit dem „Hagelstecken“ ist die rüstige Jubilarin noch unterwegs und geistig fit. Auf die Frage wie sie sich mit hundert fühlt, kommt sofort ein „Gut“.  Nach etwas überlegen und dem Unterschied zu 90, dann schon der Nachsatz, dass sie nicht mehr gut hört. Bei einer Tasse Tee erzählt sie einige Geschichten aus ihrem langen Leben und gibt Einblick in eine harte Zeit.

Schwere Jugendzeit im Weltkrieg
An schöne Momente erinnert sie sich kaum zurück. Viel Angst hatte sie in ihren Jugendjahren. Geprägt haben Steiner, die „Burgi“ genannt wird, vor allem die Kriegsjahre. Zwei Nachkriegszeiten und einen Krieg hat sie miterlebt. „Wenn ich mit dem Radl gefahren bin, dann hab ich sie schon wieder gehört. Runter vom Rad und verstecken. Im Schatten ganz ruhig sitzen „Ned rian“, lautete die Anweisung, wenn Kampfflieger über das Gebiet flogen. „Sehr schlimm“, war die Zeit, als die Bomben vom Himmel gefallen sind.
Ihre drei Brüder sind bei der Wehrmacht gewesen. Lebhaft erinnert sie sich an die Schilderungen von einem, der drei Jahre in Russland in Gefangenschaft war „Ach, wär ich nie geboren worden“, hat er ihr erklärt, als er zurückgekommen ist. Ein Bruder gilt als vermisst.
 Währenddessen musste sie gemeinsam mit ihren zwei Schwestern daheim mitanpacken und auf dem Feld arbeiten. „Wir mussten immer viel arbeiten, Urlaub hods ned gehm“. Die Familie hatte eine kleine Landwirtschaft.  Hunger leiden musste sie aufgrund dessen nie.

Hochzeit und eigene Familie
Mit 27 Jahren, im Jahr 1947, hat die gebürtige Waidringerin geheiratet – einen 19 Jahre älteren Witwer, und mit dieser Hochzeit kamen gleich zwei Stiefkinder in den neuen Haushalt mit. Der eigene Sohn ist mittlerweile 70 Jahre und ein Mädchen hat sie ebenso aufgenommen und aufgezogen. „Sie war wie meine eigene Tochter“, erinnert sich Burgi zurück und erzählt, dass sie eine gute Ehe und einen feinen Mann hatte.
Der Glaube war ihr in all den Jahren ein guter Begleiter. Noch heute betet sie regelmäßig, gelernt hat sie das in jungen Jahren von ihren Eltern. „Der Glaube gibt mir Kraft und war mir eine Hilfe“. Von dieser Kraft zerrt sie noch immer. So kann es durchaus vorkommen, dass die rüstige Pensionistin vom Pflegeheim einen Spaziergang zur St. Johanner Kirche und dem Friedhof macht. In ihrem Zimmer ist sie besonders stolz auf ein Bild vom Heiligen Franziskus, das sie aufgrund einer Spende an die Kirche erhalten hat. „Damit hab ich jeden Tag eine Freude.“, erklärt sie stolz.

Lesen für die geistige Fitness
Im Pflegeheim fühlt sich die Jubilarin sehr wohl. Sie nimmt sich die Zeit zum Ruhen: „Erst um halb vier am Nachmittag bin ich so richtig munter“, erzählt sie schmunzelnd und genießt die Vorteile des Pflegeheims: „Wenn ich aufsteh, steht alles auf dem Tisch und alles ist warm. I bin sehr zufrieden, i hobs Paradies do.“ Gibt’s ein Geheimrezept für das hohes Alter? „I hob koane Schmerzen, des mocht mi oid“.

Die geistige Fitness hat sich Burgi erhalten. Neben dem Schlafen nutzt sie die Zeit zum Lesen. „Bis mir am Abend die Augen zufallen.“ Wählerisch ist sie dabei nicht, von guten Geschichten bis hin zur Kronen Zeitung ist alles dabei. „So fit sind nicht alle“, lacht die rüstige Seniorin. Die Coronazeit bedeuten für sie keine Einschränkungen. „Ich bin gerne alleine, das macht mir nix aus“, schildert sie die Situation, dass niemand auf Besuch kommen kann. Eins ist für sie trotzdem klar: Wir leben jetzt in einer sehr guten Zeit.

Große Freude über Gratulationen
Zum runden Geburtstag gab es viele Gratulationen. Besonders freute sie sich über die schönen Briefe und Anrufe von den Enkerl und Urenkerl. Und was bedeutet Luxus für sie? Da muss Burgi lange überlegen.  „Ich hätte immer gern ganz hohe Stöckelschuhe gehabt“, erinnert sie sich zurück.
Nach all den Jahren hat Notburga Steiner nur noch einen Wunsch für die Zukunft: „Gxund bleim´und sterbn, wann es der Herrgott will.“ Verena Mühlbacher

Bild: Notburga Steiner genießt im Pflegeheim St. Johann ihre Zeit. Aufgrund der derzeitigen Situation wurde das Gespräch von Daniela Aufinger, Freiwilligen- und Aktivierungskoordinatorin im Pflegeheim aufgezeichnet, und der Anzeiger-Redaktion zur Verfügung gestellt. Foto: Aufinger

 
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