Kitzbüheler Anzeiger
07.07.2019
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„Hungerstreik“ dauert weiter an

Nach wie vor befinden sich einige Bewohner des Rückkehrzentrums am Bürglkopf im Hungerstreik – jedoch nicht durchgehend, wie das Innenministerium informiert. Viele NGOs, Landes- und Lokalpolitiker fordern die Schließung. BM Preschorn winkt ab.

Fieberbrunn | Verweigern Menschen die Nahrungsaufnahme kann es ab etwa drei bis vier Wochen zu ernsthaften, bleibenden gesundheitlichen Schäden bis hin zum Tod führen. Seit fast vier Wochen befinden sich manche Bewohner des Rückkehrzentrums am Bürglkopf in Fieberbrunn nun im Hungerstreik – jedoch nicht durchgehend, wie das Innenministerium informiert. „Es gibt keinen andauernden Hungerstreik. Die handelnden Personen nehmen tageweise Nahrung zu sich oder sie essen ein Joghurt und trinken stark zuckerhaltige Getränke. Dann begeben sie sich erneut in den Hungerstreik“, schildert Christoph Pölzl, Ressortsprecher des Bundesministeriums für Inneres gegenüber dem Kitzbüheler Anzeiger.

Drei Menschen im Hungerstreik
Vor Redaktionsschluss befanden sich aktuell drei Personen im Hungerstreik. „Generell ist zum Gesundheitszustand jener drei Personen, die sich aktuell noch im Hungerstreik befinden zu sagen, dass sich keine Person in einem angespannten Gesundheitszustand befindet. Alle Personen werden engmaschig (stündliche Kontrollen) betreut und beim geringsten Anzeichen einer Verschlechterung wird ein Arzt hinzugezogen. Zudem wird stets auf die Wichtigkeit einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr hingewiesen“, erklärt Pölzl. Sollte sich der Gesundheitszustand so weit verschlechtern, dass eine durchgehende medizinische Beobachtung erforderlich ist, werden die hungerstreikenden Personen stationär in einer Krankenanstalt untergebracht, heißt es aus dem Innenministerium.

Bewohner müssten das Land verlassen
Wie berichtet, werden am Bürglkopf ausschließlich Personen untergebracht, die einen negativen Asylbescheid haben und Österreich laut Gesetz eigentlich verlassen müssen. Da es oftmals keine Rücknahme-Abkommen mit den Heimatändern gibt oder sich das Abschiebeverfahren in die Länge zieht, verbringen die Menschen teilweise Monate in der Rückkehreinrichtung am Bürglkopf. Das Haus auf rund 1.250 Metern Seehöhe fungiert seit 1992 als Flüchtlingsunterkunft des Landes Tirol und sollte 2015 geschlossen werden. Dann übernahm der Bund die Einrichtung und machte daraus ein Rückkehrzentrum.

Kritik an der Unterbringung
Mehre NGOs, wie, Fluchtpunkt Hilfe“ oder die „Plattform Bleiberecht“ bekriteln die Zustände am Bürglkopf. Mitte Juni organisierte „Innsbruck gegen Faschismus“ eine Kundgebung in Fieberbrunn, um auf das Schicksal der Bewohner am Bürglkopf aufmerksam zu machen.  Die Bewohner schilderten ihre Lage und baten um Verlegung sowie um erneute Prüfung ihrer negativen Asylbescheide. Auch Innsbruck und Wien war/ist Schauplatz von Aktionen. Im Rahmen einer Onlinepetition auf avaaz.org haben sich über 3.700 (Stand Montag) für eine Schließung des Rückkehrzentrums ausgesprochen.
Kritik an der Einrichtung kommt zudem von Heinz Patzelt, dem Generalsekretär von Amnesty International in Österreich. Er bezeichnet die Verbringung der Menschen in das abgelegene Heim als „bösartige Behördenwillkür“. Die Unterbringung am Bürglkopf sei inhuman, menschenrechtswidrig und nicht notwendig, erklärt er in der Tageszeitung „Der Standard“.

SPÖ, Grüne und Neos für eine Schließung
Eine Fraktion von Landes- und Lokalpolitikern (Grüne, SPÖ und Neos) sprach sich nach einem Lokalaugenschein für die Schließung des Rückkehrzentrums aus. „Die Zustände, welche am Bürglkopf nun herrschen sind nicht menschlich. Die Menschen sind isoliert, werden nicht betreut und werden krank. Es sind auch Kinder betroffen“, erklärte LAbge. Claudia Hagsteiner im Rahmen der Kundgebung in Fieberbrunn. Sie plädiert dafür, die Menschen an einem anderen Ort unterzubringen. Zusammen mit den anderen Parteien wurde ein Brief an das Innenministerium sowie den Bundespräsidenten verfasst.

BM: „Alle EU-Standards werden eingehalten“
Innenminister Wolfgang Preschorn sagte indes, dass am Bürglkopf „alle EU-Standards“ eingehalten würden. Bei allen Fällen handle es sich um Personen, die rechtskräftig aus Österreich ausreisen müssen. Rechtsstaatlichkeit gelte es auch in diesen Fällen durchzusetzen, wo Entscheidungen gefallen seien. Denn sowohl der Bürglkopf als auch das zweite Rückkehrzentrum in Schwechat seien wichtig und unverzichtbar, wird er in einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung zitiert. Johanna Monitzer

Seit 1992 wohnen am Bürglkopf Asylwerber, seit 2017 werden nur mehr Menschen mit negativem Asylbescheid untergebracht. Die Bewohner sprechen von „haftähnlichen Zuständen“. Die Politik hat verschiedene Meinungen dazu. Foto: Archiv

 
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