Kitzbüheler Anzeiger
20.11.2016
News  
 

Großbaustelle Integration und Asyl

Sehr komplex gestalten sich die verschiedenen Herangehensweisen, um  Flüchtlinge zu integrieren. Über die Chancen und Möglichkeiten von Asylwerbern  und Asylberechtigte auf dem Arbeitsmarkt wurde im Rahmen einer  Informationsveranstaltung gesprochen.

St. Johann | Sehr überschaubar war die Teilnehmerzahl bei der Informationsveranstaltung „Chancen für Asylberechtigte, Asylwerber und Unternehmer“ am vergangenen Mittwochvormittag. Ob es am Desinteresse oder an der „unwirtschaftlichen“ Uhrzeit von neun Uhr morgens lag?

Die Teilnehmer am Podium unter der Leitung von Sebastian Eder, Leiter des Regionalmanagements, informierten knapp drei Stunden über das sehr komplexe Thema. Komplex deshalb, weil zig Institutionen an dem Gelingen der Integration von geflüchteten Menschen mitwirken. Da galt es, den Überblick zu bewahren, wer für was zuständig ist.

275 Asylwerber warten im Bezirk auf Bescheid

Derzeit bieten zehn Gemeinden insgesamt 350 Plätze für Asylwerber an. 275 davon sind belegt. Asylwerber dürfen, solange sie keinen positiven Asylbescheid in den Händen halten, nur beschränkt arbeiten.

Wie viele beziehen Mindestsicherung?

Sobald der Asylwerber einen positiven Asylbescheid erhält, gilt er als asylberechtigt und hat uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Dieser uneingeschränkte Zugang nützt aber den wenigsten, denn aufgrund der meist fehlenden Sprachkenntnisse führt der erste Weg oftmals zum Sozialamt, um die Mindestsicherung zu beantragen. „Wir haben derzeit im Bezirk 54 Asylberechtigte in der bedarfsorientierten Mindestsicherung, darunter aber auch Familien mit Kindern. Zehn Personen konnten bereits in den Arbeitsmarkt integriert werden“, informiert Manuel Lanthaler, Leiter der Abteilung Soziales in der BH Kitzbühel.

Kritik an Deutschkursen

Das Hauptproblem, um erfolgreich am Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können, ist die fehlende Sprache. Hier hagelte es auch herbe Kritik vom St. Johanner Bürgermeister Stefan Seiwald. Die Marktgemeinde beherbergt rund 120 Asylwerber und stemmt somit in Sachen Asylquartiere  den größten Brocken im Bezirk. „Die Deutschkurse sind eine Farce. Wir haben in St. Johann 30 Freiwillige, die mit den Asylwerbern Deutsch lernen und langsam brennen diese Menschen aus, weil sie keine Unterstützung erfahren“, so der Bürgermeister. Ein ehrenamtlicher Deutschlehrer berichtet, dass keine Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.

Die Deutschkurse werden von der Gemnova GmbH durchgeführt, die wurden wiederum von den Tiroler Sozialen Diensten dafür beauftragt. „In Kitzbühel spielt sich genau das Gleiche ab, die Ehrenamtlichen werden vergrault. Keiner fühlt sich zuständig, da die Verantwortung auf immer neue Gesellschaften abgeschoben wird“, kritisiert auch Gertraud Rief, die die ehrenamtlich Flüchtlingsinitiative in der Gamsstadt mitaufgebaut hat.

Kompetenzchecks und verpflichtende Kurse

Dass das Hauptproblem die fehlenden Sprachkenntnisse sind, bestätigt auch AMS-Leiter Manfred Dag: „Die Menschen warten teilweise zwei Jahre auf einen positiven Bescheid und erst ab einem positiven Bescheid beginnt die wirkliche Integration. Das ist verlorene Zeit.“

Nur anerkannte Flüchtlinge müssen an einem Kompetenzcheck teilnehmen, welchen das Institut IBIS Acam im Auftrag des AMS durchführt. Vermittelt werden die Arbeitskräfte dann wiederum über das AMS. Für die fehlenden Sprachkenntnisse ist nach positivem Asylbescheid das BFI zuständig. Das BFI bietet auch eigene Kombinations-Kurse an, die besonders auf den Arbeitsmarkt abzielen. So wurde heuer erstmals der Kurs „Tourismusgrundkurs und Deutsch“ abgehalten. „Wenn die Menschen die verpflichtende Kurse nicht besuchen, dann haben wir auch die Möglichkeit, die Mindestsicherung zu kürzen“, erklärt Lanthaler von der BH Kitzbühel.

Ausbildungen für junge Flüchtlinge

Eine Ausnahme gibt es für Asylwerber bis 25 Jahre, sie können eine Lehre in Mangelberufen machen. Auch wurde vor kurzem eine Integrationsstiftung ins Leben gerufen, die soll Asylberechtigten bis zum 30. Lebensjahr eine spezielle Form von Lehre ermöglichen. „Der große Ansturm auf den Arbeitsmarkt wird noch kommen, derzeit warten die meisten noch auf einen positiven Asylbescheid“, prognostizierte Dag.
Johanna Monitzer 

 
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