Kitzbüheler Anzeiger
24.02.2019
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„Fertig ist ein Bild dann, wenn...“

„Fertig ist ein Bild dann, wenn es nichts mehr von mir will“ – Die Kunst spricht für Matthias Bernhard eine ganz eigene Sprache. Es ist ein System, das in sich stimmt. Dass der Künstler in einer Bergwelt aufgewachsen ist, zeigt sich nicht in der Motivwahl, sondern viel mehr in der Haptik und in einer besonderen Strukturwelt, in der sich die Bilder präsentieren.

Kitzbühel | Matthias Bernhard (*1985) ist als Künstler hartnäckig und charakterfest. Seine Bilder sind detailreich, farbenfroh, gewaltig in Material und Form und sprechen förmlich die Einladung aus, sie nicht nur in gewohnter Manier zu betrachten, sondern mit den Händen zu betrachten. Seine haptischen Bilder müssen mit Auge und Hand begriffen werden.

Für Bernhard erscheinen Formensprache, Farbe und Materialität als zentrale Elemente seiner Malerei. Er verdichtet sie in seinen Arbeiten, verstrickt ihre Qualitäten miteinander und versucht über diesen formalen Zugang in eine für ihn passende Technik zu gelangen, die sich wiederum mit dem Material verschränkt.

Eine kompromisslose Verbindung

Diese kompromisslose Verbindung von Technik und Material ermöglicht dem Künstler, in ein ausdrucksvolles künstlerisches Fahrwasser zu kommen, dass allerdings nicht stupide beibehalten wird, sondern sich während des Arbeitsprozesses immer wieder verändern kann, ja sogar verändern soll. Seine Bilder wirken impulsiv, spontan und konzentriert. Sie besitzen eine rhythmische Dynamik und fordern zum Suchen und Finden sowie zum Interagieren mit dem Raum auf.

Aus der Ferne betrachtet wirken Bernhards Bilder abstrakt, bei näherer Betrachtung entpuppen sie sich regelrecht als Ozean an Details. Sie quellen über an vielen Einzelheiten sowohl in der Form als auch im Material. Sie präsentieren sich als farbenprächtiges, dynamisches und facettenreiches Geflecht von abstrakten und figurativen Motiven, die wie die Mustersegmente eines Teppichs ineinanderfließen.

Akt des Malens ist körperlich

Bernhard selbst vergleicht diesen Schaffensprozess mit der handwerklichen Technik des Webens. Sein Akt des Malens ist körperlich und emotional begleitet, er ist vor allem aber auch zustands- und ortsgebunden.

Dabei versucht Bernhard den Prozess der endgültigen Formgebung solange wie möglich hinauszuzögern. Und dafür verändert er gerne auch den Ort der Formgebung. Viele seiner Arbeiten tragen die Spuren zahlreicher Umgebungswechsel, mehrfach werden sie vom Künstler bearbeitet und weiterentwickelt. Seine Bilder verändern sich mit jedem Raum. Die Orte, in denen sie entstehen, gelagert oder präsentiert werden, fließen in die Kunstwerke regelrecht ein und werden damit ein Produkt der Umgebung.

Für Bernhard ist es ein immerwährender Prozess, ein Dialog zwischen Kunstwerk, Betrachter und Raum, der dann erst einen Abschluss findet, wenn das Bild nichts mehr von ihm als Künstler will und fordert.

Keine abstrakten Bilder

Matthias Bernhards Werke sind keine abstrakten Bilder. Sie haben für ihn ein Wesen und eine ganz klare Form. Sie sind detailhaft und besitzen viel Figurales, das entdeckt werden will. Sein Kunstverständnis und sein künstlerischer Zugang sind unkonventionell. Immer wieder durchwandern Phasen der Grafik, Malerei und Skulpturen seine künstlerischen Schaffenszyklen. Die Verbindung von Bild und Text ist seit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn, die bei Siegbert Schenk (Uni für angewandte Kunst Wien) und Gunter Damisch (Uni für bildende Kunst Wien) begann, bezeichnend. Zu seinen Inspirationsquellen zählen Künstler wie Philipp Geist, Günter Brus, Kurt Kocherscheidt oder die Gruppe Art Brut.

Ein Arbeitszyklus widmet sich der kalligrafischen Qualität, dem eine Reihe an Künstlerbücher entsprang, in denen Rhythmus, Linie, Farbe, Form und Emotionalität miteinander gezielt verwebt werden.

Die Kunst von Matthias Bernhard ist von einer unkonventionellen Art und Weise geprägt. Er weitet seine Gestaltung über den Bildrahmen hinaus, lässt regelrechte Objekte daraus entstehen. Somit müssen seine Bilder nicht immer zwingend an die Wand gehängt werden, seine Kunstwerke funktionieren auch als Bilderskulpturen am Boden.

Distanz zur Arbeit kann der Künstler nur sehr schwer gewinnen und sollte es einmal gelingen, dann kann es wohl nur über eine zeitliche Komponente erfolgen. Dabei denkt der Künstler beim Arbeiten fast nie an den Betrachter. Ist man gedanklich dennoch beim Publikum, so hat man – so meint er selbst- „als Künstler bereits verloren“.

Bild: Ein Blick ins Atelier von Matthias Bernhard aus dem Jahr 2018. Foto: Matthias Bernhard

KunstBlicke: Mag. Martina Dorner-Bauer ist Kunsthistorikerin, Ausstellungskuratorin, Autorin, Betreuerin div. Kunstsammlungen und Gründerin der Agentur DieKunstagenten.
martina@diekunstagenten.at    

 
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