Kitzbüheler Anzeiger
10.07.2020
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Es ist Zeit für Veränderungen

„Es ist an der Zeit, dass Taten folgen“, stellt der ÖGB klar und fordert Verbesserungen für das Pflegepersonal. Neben einer Senkung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich braucht es aber auch Veränderungen in den Strukturen, um den Arbeitsalltag für die Pflegekräfte zu erleichtern.

Kitzbühel | „Die Bedeutung der Pflegekräfte wurde während der Corona-Krise mehr als deutlich. Von der Bevölkerung wurden sie als Helden gefeiert und von den Balkonen beklatscht, nur die Politik hat es immer noch nicht begriffen. Wir wollen jetzt die Unterstützung“, sagt Margit Luxner und verweist auch auf die demografische Entwicklungen und das fehlende Personal im Pflegebereich. Um diesem Personalmangel entgegenzuwirken braucht es aber bessere Arbeitsbedingungen, um Leute für diese Arbeit gewinnen und Aussteiger wieder zurückgewinnen zu können.

Klare Veränderungen werden gefordert
Die Vorsitzende des Tiroler Wirtschaftsbereichs für Gesundheit, soziale Dienstleistungen, Kinder- und Jugendwohlfahrt in der GPA-djp und Betriebsratsvorsitzende des Altenwohnheims Kitzbühel, Margit Luxner, fordert mit der Gewerkschaft Veränderungen in den Strukturen. Die Langzeitforderung der Reduzierung der Arbeitszeit auf 35 Stunden bei gleicher Entlohnung soll endlich umgesetzt werden. „Die Belastung im Beruf ist groß, daher braucht es die verringerte Arbeitszeit, damit die Leute nicht in andere Branchen abwandern“, sagt Luxner.
Luxner spricht sich für eine klare Strukturveränderung aus. Mehr Berufssparten sollten in die Aufgaben der Heime eingebunden werden, um so eine Entlastung für die Pflegekräfte zu schaffen. Neben einer psychologischen Betreuung braucht es auch Ergotherapien, Logopädie, Psychotherapien und Physiotherapien, um die Pflegekräfte zu entlasten, die zudem oft auch als Reinigungskräfte zum Einsatz kommen. Auch dabei sieht Margit einen Bedarf in den Heimen. „Bis jetzt lastet all das auf den Pflegekräften, es braucht daher eine Strukturveränderung und auch der Pflegeschüssel gehört überdacht und verändert. Satt, sauber und warm allein reicht nicht“, sagt Luxner.

KV-Abschluss der Vernunft
Bevor die Corona-Krise eintrat, befand man sich mitten in den Kollektivverhandlungen. Um die Forderung nach einer Verringerung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich durchzusetzen, ging man sogar auf die Straße und demonstrierte. Ein Instrument, das man im Pflegebereich nicht gerne anwendet, denn man will seine Klienten nicht im Stich lassen und ihnen trotz solcher Maßnahmen auch die volle Betreuung gewährleisten. „Wir waren auf einem guten Weg. Wir haben auch bei den zuständigen Politikern in Tirol vorgesprochen und die Landesräte Fischer und Tilg zeigten Verständnis für unsere Anliegen. Von all dem ist nichts übriggeblieben“, geht Sonja Föger-Kalchschmied, Betriebsratvorsitzende der Lebenshilfe Tirol hart mit der Politik ins Gericht: „Wir haben in der Krise bewiesen, dass wir sie meistern können. Die Politik hat uns viel versprochen, jedoch nehmen sie uns in keinster Weise ernst. Jetzt sollen endlich Zeichen folgen und unsere Forderungen gehört und umgesetzt werden.“ Luxner ergänzt dazu, dass die Politik endlich mit den Mitarbeitern im Sozial- und Pflegebereich reden soll und nicht nur mit den Betreibern der Einrichtungen, damit auch Ergebnisse erzielt werden. „Ich lade gerne jeden Politiker ein, eine Woche bei uns im Haus mitzuarbeiten, damit sie einen Einblick in die Arbeit der Pflegekräfte bekommen“, sagt Wolfgang Zeileis, Leiter des Altenwohnheims Kitzbühel.

In der Corona-Krise wurden die Kollektivvertragsverhandlungen abgeschlossen. Mit wenig Erfolg: Eine Stunde Arbeitszeit weniger, die Umsetzung erfolgt innerhalb von drei Jahren. „Das ist keine Lösung für das ursprüngliche Problem“, sagt Föger-Kalchschmied.
Für Ralf Wiestner, betreuender Sekretär der Gewerkschaft GPA-djp Tirol, war der KV-Abschluss nur ein Abschluss der Vernunft, damit die Mitarbeiter zumindest eine Gehaltserhöhung bekommen. „In den Sozial- und Pflegeberufen gibt es nicht wie in anderen Branchen eine KV-Überbezahlung. Daher muss diese Arbeit anders bewertet werden“, sagt Wiestner: „Wir werden trotz des KV-Abschlusses weiter fordern. Die Planung läuft und im Herbst werden wir starten.“
Durch die Belastung arbeiten viele im Sozial- und Pflegebereich nur Teilzeit. „80 Prozent der Mitarbeiter arbeiten zwischen 20 und 27,5 Stunden in der Woche“, sagt Luxner. Im Bereich der Lebenshilfe ist zum Teil eine Vollzeitbeschäftigung aufgrund der Betreuungszeiten gar nicht möglich, gibt Föger-Kalchschmied zu bedenken. Aufgrund der geringeren Arbeitszeit sinkt auch das Einkommen, wodurch viele einen Zweitjob annehmen. „Wir fordern genügend Erholungszeiten, damit die Arbeit wieder Spaß macht und ein Auskommen mit dem Einkommen“, formuliert Margit Luxner die Forderungen aus. Elisabeth M. Pöll

Foto: Ralf Wiestner, Margit Luxner und Sonja Föger Kalchschmied fordern die Politik zum Handeln auf – die Situation der Mitarbeiter im Pflegebereich soll endlich verbessert werden. Foto: Pöll

 
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