Kitzbüheler Anzeiger
19.05.2017
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Erhebliche Geldsorgen als Motiv

Ein 28-jähriger Einheimischer überfiel am Freitag eine Bank in Erpfendorf. Mithilfe einer Geisel wollte er ein Fluchtauto erpressen. Sein Plan war, laut Polizei, von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Kirchdorf | Ausnahmezustand herrschte am Freitag im Kirchdorfer Ortsteil Erpfendorf, als sich ein Bankräuber mit einer Geisel in der örtlichen Raiffeisenbank verschanzte. Sechs Stunden lang dauerte der Großeinsatz von Polizei- und Spezialeinheiten aus Tirol, Salzburg und Bayern. Der Täter ließ nach langen Verhandlungen seine Geisel frei und stellte sich den Beamten. „Sein Plan war schon von Anbeginn zum Scheitern verurteilt“, erklärt der Leiter des Landeskriminalamtes Tirol (LKA), Walter Pupp, gegenüber dem Kitzbüheler Anzeiger.

Täter lockte Taxifahrer in seine Wohnung

Der Einheimische nannte nach den ersten Einvernahmen seine erheblichen Geldsorgen als Motiv. Der 28-Jährige, der weder einen Führerschein noch ein Auto besitzt, bestellte am Freitagvormittag ein Taxi zu sich nach Hause. „Er war Stammkundschaft bei diesem Unternehmen und kannte auch den Taxler von diversen Fahrten her“, informiert Pupp. Mit dem Vorwand, der Taxler müsse ihm aufgrund eines Umzuges etwas tragen helfen, lockte der junge Mann sein Opfer in seine Wohnung. Dort forderte er den Taxler auf, eine Weste anzuziehen, die mit vermeintlichen Sprengstoff präpariert war und zwang ihn mit ihm zur Bank zu fahren. Auch in der Bank deponierte er vermeintliche Sprengfallen, die sich aber allesamt im Nachhinein als Attrappen herausstellten. Bei der Waffe, mit der er den Taxler und die Bankangestellte bedrohte, handelte es sich um eine Softgun. „Die Softgun war so gut nachgebaut, dass sie mit bloßem Auge nicht als solche zu erkennen war“, veranschaulicht Pupp. Auch Messer hatte der Täter dabei.

Warum ließ er die Bankangestellte gehen?

Nachdem der Bankräuber Zugang zu dem Geld hatte, forderte er die Bankangestellte auf, das Gebäude zu verlassen und verschanzte sich mit dem Taxifahrer als Geisel. Der Taxifahrer musste dann die Polizei verständigen und ein Fluchtauto fordern. Warum hat er die Bankangestellte gehen lassen? „Hier können wir derzeit nur mutmaßen. Er fand es wohl leichter, eine Geisel in Schach zu halten als zwei“, vermutet Pupp. Nach sechs Stunden endete die Geiselnahme unblutig. Der Täter ließ den Taxifahrer gehen und stellte sich gegen 15.30 Uhr selbst.

Wie viel Beute hätte sich der Täter erhofft?

Wie viel Beute sich der Täter in der Bankfiliale in Erpfendorf erhoffen hätte können, darüber möchte die Polizei aus Sicherheitsgründen keine genauen Angaben machen. „Es handelt sich um eine erkleckliche Summe“, so der Leiter des LKAs.

Aufgrund der vermeintlichen Sprengstoffbedrohung erklärte die Polizei die Umgebung der Bank kurzfristig als Sperrzone. Gebäude, darunter auch der Kindergarten und die Volksschule, wurden evakuiert. Bürgermeister Gerhard Obermüller war unmittelbar nach der Alarmierung der Exekutive vor Ort und hat den Großeinsatz mitverfolgt. „Das Vorgehen aller Beteiligten war sehr professionell. Wir sind alle sehr froh, dass der Einsatz unblutig beendet werden konnte“, erzählt der Dorfchef.

„Ein Nachdenkprozess muss gestartet werden“

Der Schock, dass so etwas in seiner Gemeinde passieren kann, sitzt tief. „Wir müssen nun auch einen Nachdenkprozess starten, warum es soweit kommen konnte. Was treibt einen jungen Mann dazu? Das wird sicher Gesprächsthema bleiben. Mein Appell wäre, mehr aufeinander zu schauen und nicht die Augen zu verschließen“, betont Obermüller.  

Dass es sich bei der Tat um keine Kurzschlusshandlung handelt, bestätigt die Polizei. „Der junge Mann muss sich schon länger damit beschäftigt haben, schließlich hat er auch die Sprengstoffattrappen gebastelt“, veranschaulicht LKA Leiter Pupp.

Wie geht es den Opfern?

Laut dem Taxiunternehmer geht es seinem Mitarbeiter nach der Geiselnahme den Umständen entsprechend gut und er will weiterhin als Taxifahrer arbeiten. Auch die Bankangestellte befindet sich auf eigenen Wunsch hin bereits wieder im Dienst, wie Geschäftsleiter Johann-Markus Pichler mitteilt. Die Mitarbeiter der Raiffeisenbanken werden durch Sicherheitsschulungen auf solche Ausnahmesituationen vorbereitet. „Der Ernstfall stellt aber noch einmal eine andere Herausforderung dar. Unsere Mitarbeiterin wurde gleich vor Ort vom Kriseninterventionsteam sehr gut betreut. Wir sind alle froh, dass es glimpflich ausgegangen ist“,  berichtet Pichler.

LKA Leiter Pupp weist noch darauf hin, dass es wohl nie die Absicht des jungen Mannes war, jemanden zu verletzten. Der Täter hätte aber in Kauf genommen im Zuge des Überfalls sein eigenes Leben zu lassen, wie die Polizei schildert. „Die Bankangestellte und der Taxifahrer haben sich in dieser Ausnahmesituation absolut richtig verhalten“, betont der LKA Leiter.
Johanna Monitzer 

Bild: „Wir müssen nun auch einen Nachdenkprozess starten, warum es so weit kommen konnte“, so Bürgermeister Gerhard Obermüller. Der Banküberfall samt Geiselnahme und Sprengstoffattrappen schockte am Freitag die Gemeinde Erpfendorf.  Der Täter gab nach sechs Stunden auf und stellte sich der Polizei. Foto: ZOOM.Tirol

 
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