Kitzbüheler Anzeiger
30.12.2018
News  
 

Eine St. Johanner Persönlichkeit

Willi Walstra feierte rüstig und aktiv den 100. Geburtstag.

St. Johann | Ein Geburtstagsfest der besonderen Art ging in der “Schönen Aussicht” über die Bühne. Der bekannte St. Johanner Willi Walstra feierte in respektabler Gesundheit und geistiger Regsamkeit den „Hunderter“. Er hatte dazu viele Weggefährten eingeladen und begrüßte auch den Dekan und die Gemeindepfarrerin, führende Ärzte des Krankenhauses, einige seiner frühesten Kunden und die Unternehmerfamilie Schwaiger. Mit dabei waren selbstverständlich seine Sangeskameraden vom MGV St. Johann mit Angehörigen.

Der beste „Käfer“- Verkäufer

Die ältere Generation kennt Willi Walstra als „VW-Willi“, weil er ab der Motorisierungswelle der Fünfziger Jahre der gefragteste Verkäufer des „Käfers“ war, aber es auch durch  Jahrzehnte blieb, bis er mit 65 Jahren in den Ruhestand trat. Walstra wurde wiederholt als „Verkäufer des Jahres“ ausgezeichnet und persönlich auch von der Familie Porsche geehrt.

Die VW-Berufskarriere ermöglichte der „alte“ Schwaiger, eine Unternehmerpersönlichkeit. Walstra bediente in der Nachkriegszeit drei Zapfstellen und war auch Materialverwalter für die Werkstatt, bis der Autoverkauf anlief.

Durch Jahrzehnte war der sprachgewandte Willi Sprecher bei den Veranstaltungen des Skiclubs St. Johann im Einsatz.

64 Jahre aktiver Chorsänger

Als der Männergesangsverein 1953 wieder auferstand, war Willi Walstra unter den begeisterten Gründungsmitgliedern. Er war immer zur Stelle und stand kerzengerade bis zuletzt bei Auftritten auf der Bühne. Zwei Jahre leitete er als aktiver Obmann die Chorgemeinschaft. Er hielt dem Verein als begeisterter Sänger  durch 64 Jahre die Treue. Im Vorjahr entschied er sich für das Ende einer ungewöhnlichen Laufbahn.

Ende der Fünfziger Jahre errichteten Jolanda und Willi Walstra in Berglehen ein Eigenheim mit Traumblick auf den „Kaiser“ und das Leukental. Tochter Patrizia betreut dort umsichtig den Vater, der seit 2000 Witwer ist.

Beim Geburtstagsfest, das er sichtlich glücklich und mit großer Anteilnahme und  Freude erlebte, dankte Willi Walstra den Gästen und Gratulanten für den Besuch und für die vielen Aufmerksamkeiten.

Wie der Ostpreuße nach St. Johann kam

Für viele ist der kommunikative Netzwerker Willi Walstra ein wichtiges Stück St. Johann. Nur an dem gepflegten Hochdeutsch erkennt man, dass er ein „Zugezogener“ ist. Walstra stammt aus Ostpreußen. Er ist durch einen Zufall vor 73 Jahren nach St. Johann gekommen, hat es aber keine Stunde bereut, in Tirol zu bleiben.

Seine Lebensgeschichte vor St. Johann ist nicht ganz untypisch für seine Generation. Willi Wals-
tra kam als Bauernsohn in Lengschen in den Masuren zur Welt. Nach der Pflichtschule schickte ihn der Großvater, Reichtagsmitglied des Zentrums, zur Ausbildung nach Berlin. Dann geriet er in den Strudel der Ereignisse: Nach dem Ende der Ausbildung folgten unerwartete Stationen: Reichsarbeitsdienst, Einberufung zum Wehrdienst in einer Panzerdivision, nach dessen Abschluss Kriegseinsatz in Polen, Frankreich und Lybien, Verwundung vor Tobruk, Lazarettaufenthalt in Berlin, „kriegsverwendungstauglich“ erklärt und beim Angriff und dann beim Rückzug in  Russland und wieder zurück, schwere Verwundung in der Steiermark, Transport mit einem Sanitätszug, der nach München führen sollte. Mitte April 1945 blieb der Zug in St. Johann stehen, die Verwundeten wurden in die Kaserne gebracht, wo ein Reservelazarett bestand.

Dank seiner Französischkenntnisse aus der Schulzeit in Berlin wurde aus dem Kriegsgefangenen ein Mitarbeiter. Die französische Besatzung beschäftigte Walstra von Ende 1947 bis Mitte 1950 als Koch für die Mannschaft und dann für die Offiziersmesse, bis der Posten wegen  Personaleinsparung aufgelassen wurde.

Walstra lernte in St. Johann die italienische Pelznäherin Jolanda Curatoli aus Macerata, die im Zuge des Krieges nach Tirol gekommen war,  kennen und lieben. Der Tod der Gattin im Jahr 2000 beendete eine lange, glückliche Partnerschaft.

An den Kriegsverletzungen laborierte Walstra so stark, dass viele Operationen notwendig waren. Besonders dankbar ist er für die Spitzenleistungen der Orthopädie im Bezirkskrankenhaus St. Johann.

Mit der Bilanz seines Lebens ist Walstra zufrieden. Möge  sein Lebensabend weiter aktiv und erfüllt sein.  H.W. Foto: Klausner

 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen