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Kitzbüheler Anzeiger
25.09.2020
News  
 

Eine Idee als Hilfe für Hunderte

Seit April ist Helene Öttl aus Kirchberg in Pension. Sie war die treibende Kraft zur Gründung des Sozial- und Gesundheitssprengels vor nunmehr 26 Jahren. Gescheut hat sie keine direkte Auseinandersetzung. Mit Willen, Kraft und Ausdauer hat sie beruflich einen Meilenstein gesetzt, der nunmehr vielen Menschen zu Gute kommt.

Kirchberg | Aus der persönlichen Not heraus setzte Helene Öttl den Schritt für ein großes Vorhaben, das mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist: den Sozial- und Gesundheitssprengel Kirchberg -Reith. In den 90ern gab es weitum noch keine Einrichtung, beim Land jedoch erste Ansätze. Diese wurden in Fügen vorgestellt und so gab es kein Halten mehr für die engagierte Frau: „Ich hab meine zwei Kinder geschnappt und bin zum Vortrag nach Fügen gefahren“, erinnert sich Öttl schmunzelnd an die Anfänge zurück. Neben der Kindererziehung,  galt es, die demente Großmutter zu pflegen und gleichzeitig beim Hausbau anzupacken. Zuhause suchte sie Verbündete. Als sie ihre Idee mit der Hauskrankenpflege im Gemeinderat vorstellte, hatten die männlichen Kollegen nicht viel Verständnis. Am Anfang als „Hausfrauenverein“ tituliert, begann man im Jahre 1994 in den Räumen einer ehemaligen Arztpraxis.

Vorreiterin mit großen Visionen
Engagiert war Öttl schon lange. Als eine der ersten Frauen war sie Mitglied im Kirchberger Gemeinderat. „Hast du keine Familie daheim“, wurde sie von ihren damaligen männlichen Kollegen des Öfteren gefragt. Abgeschreckt hat sie das nie: „Man muss sich ab und zu dümmer stellen als man ist“, gibt Öttl einen Tipp und ergänzt, dass sie gerne im Hintergrund die Fäden gezogen hat. Weibliche Diplomatie.
Sie selbst musste schon seit frühester Kindheit kämpfen. Als lediges Kind wuchs sie bei den Großeltern in Jochberg auf und mit 15 Jahren zog sie nach Kitzbühel und wurde „Stockmadl“ im städtischen Krankenhaus.

Anpacken, um Taten zu setzen
Ihre Leidenschaft für Soziales war schon immer groß, die Arbeit hat sie nie gescheut: Mit viel ehrenamtlichem Engagement wurde der Sprengel dann Schritt für Schritt weiter entwickelt. Von „mühevollem Betteln“ waren all die Jahre geprägt. „Die Förderrichtlinien haben sich grundlegend verändert“, sagt Öttl und ergänzt, dass es heutzutage die Anerkennung von Sponsoren gibt. Besonders freute sie sich in all den Jahren über das Feedback der Klienten und deren Angehörigen: „Der Dank war gewaltig“, sagt die rührige Kirchbergerin und kann von vielen Anekdoten berichten: als die Betten noch 170 kg wogen, ein hydraulischer Badelifter in der Badewanne zusammenbrach und ein Klient die Finger aufgrund der Gicht nicht mehr von der Fernbedienung bekam und das Bett vollständig zusammeklappte. „Wenn ich mal viel Zeit habe, dann schreibe ich ein Buch“, verspricht Öttl.

Kinderfreunde Krabbelstube aufgebaut
Die Ideen gingen ihr im Laufe der Jahre nicht aus. Parallel dazu hat sie die Kinderfreunde Krabbelstube aufgebaut. „Das war noch viel schwieriger als der Sprengel“, erzählt Öttl, da die Meinung galt, dass Kinder daheim bei der Mutter bleiben sollen.

Kritik an heutiger Zeit
Im Sprengel setzt man seit langem darauf, Mitarbeiter zu binden. Indem die Ausbildung finanziert und die Stunden während der Schulzeit bezahlt werden. „Da war ich ein bissl Visionärin“, erzählt Öttl. Die Arbeit ist eine besondere. Klar ist für sie, dass im Laufe der Zeit nicht alles besser geworden ist: „In der Weise, wie heute gearbeitet wird, insbesondere mit der verschärften Gesetzeslage, möchte ich nicht arbeiten“, sagt Öttl und sieht auch die akademische Ausbildung für Pflegekräfte kritisch: „Wer arbeitet dann noch?“

Große Unterstützung von der Familie
Heute blickt sie mit einem guten Gefühl zurück: „Ich habe etwas erreicht.“ Auch wenn die Zeiten nicht immer einfach waren. „Ich hatte immer jemanden da, der mich geführt hat“. Ob sie den gleichen Weg noch einmal gehen würde? „Wenn ich die ganze Arbeit Anfang der 90er gewusst hätte, dann wäre ich schreiend davongelaufen“.
Sie selbst hat sich nie auf ihren Lorbeeren ausgeruht. Mit 38 machte sie ihren ersten Computerkurs, anschließend den Computerführerschein und 2007 machte sie im BFI die Ausbildung zur Bürokauffrau mit Schwerpunkt Buchhaltung und Lohnverrechnung.
Als Buggler bezeichnet sie sich und ihren Mann, in der Pension wollten sie sich eine Auszeit nehmen. Wollten, denn seit nunmehr drei Jahren pflegt sie ihren Mann, der mit 57 Jahren einen Schlaganfall erlitten hat. Mit ihrem Schicksal hadert sie nicht. „Denn mein Mann und meine zwei Kinder sind immer hinter mir gestanden. „Ich habe all das nur geschafft, aufgrund der Familie.  Stolz zeigt sich die nunmehrige Oma vor allem, dass sie ihren Kindern das soziale Engagement mitgeben konnte. Verena Mühlbacher

Bild: Heuer im Frühjahr wurde Helene Öttl vom Sprengel verabschiedet. Foto: privat

 
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