Kitzbüheler Anzeiger
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22.08.2020
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Digitale Zustellung als Stolperstein

Was den Unternehmeralltag eigentlich erleichtern sollte, sorgt derzeit für ziemlichen Wirbel: die elektronische Zustellung zu den Tourismus-Pflichtbeiträgen. Nicht alle Unternehmer registrierten die Zahlungsaufforderung, die im Online-Postkastl landete – mittlerweile hagelt es Exekutionen. Tirolweit sind mehrere Hundert Betriebe betroffen.

Bezirk | Allein bei Kitzbühel Tourismus sind rund ein Dutzend Fälle bekannt, wie Geschäftsführerin Viktoria Veider-Walser auf Nachfrage des Kitzbüheler Anzeigers bestätigt. Hintergrund: Bereits im vergangenen Jahr wurden die Möglichkeiten des E-Governments erheblich erweitert, mit  1. Jänner 202o sind Unternehmer sogar verpflichtet, offiziellen Datenverkehr online empfangen zu können. Dem digitalen Postkastl des Unternehmer-Serviceportals (USP) kommt somit eine enorme Bedeutung zu. Auch das Land Tirol setzt auf diese Art der Benachrichtigung. Die Zahlungsaufforderung für die Tourismus-Pflichtbeiträge erfolgte heuer erstmals elektronisch.

Ungelesene Dokumente gelöscht
„Das ist von vielen Unternehmern leider nicht wahrgenommen worden“, schildert Veider-Walser. So mancher habe das Aviso, dass eine Nachrichtung im Postfach warte, für Spam-Mail gehalten. Ein tragischer Irrtum, der sich nun rächt. Denn ungelesene Dokumente, bzw. jene, die älter als 70 Tage sind, werden im USP zu allem Überfluss auch noch gelöscht.
Auch die Mahnungen liefen über das Online-Konto, monatelang haben so manche Unternehmer also gar nicht mitbekommen, dass die Tourismus-Abgabe noch ausständig ist. Auch bei der Wirtschaftskammer Tirol ist man mittlerweile auf die Problematik aufmerksam geworden: „Es poppen immer mehr Fälle auf. Die erste schriftliche Mitteilung, die ein Unternehmer erhält, ist oft das Exekutivschreiben des Gerichts mit Gebühren“, kritisiert etwa Stefan Garbislander, Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik und Strategie.
Dass viele Betriebe heuer die Tourismus-Abgabe nicht gezahlt haben, hätte das Land stutzig machen müssen, ergänzt Garbislander: „Da hätte man nochmals schriftlich informieren können.“

Eine schriftliche Aufklärung der Tourismusabteilung beim Land erging tatsächlich: Und zwar Anfang August an alle Obleute und Geschäftsführer der Tiroler Tourismusverbände. Schon daraus lässt sich die Dimension des Problems erahnen. Wie der Leiter der Tourismus-
abteilung beim Land, Gerhard Föger, gegenüber dem Kitzbüheler Anzeiger erläutert, meldeten sich tirolweit knapp 500 betroffene Unternehmer. Die Position des Landes ist jedoch klar, wie aus dem Schreiben ersichtlich wird: „In Entsprechung der bundesrechtlichen Vorgaben und im Bestreben, den Forderungen der Wirtschaft Rechnung zu tragen, wird nunmehr sämtliche Korrespondenz – auch im Bereich der Tourismus-Pflichtbeiträge – über diese elektronische Schiene geführt und zwar nur mehr über diese.“ Diese Vorgehensweise habe zu „Irritationen“ geführt, räumt Föger ein.

Wartung läuft über Ministerium
Für die Verwaltung und Wartung des Portals ist allerdings das Wirtschaftsministerium zuständig. „Auch die – für die Abteilung Tourismus schwer nachvollziehbare – Entscheidung, dass ungelesene Dokumente und jene, die älter als 70 Tage sind, im USP gelöscht werden, liegt beim Ministerium“, heißt es in dem Informationsschreiben weiter.
Für Stefan Garbislander ist die Situation so nicht hinnehmbar:  „Wir haben mehrfach deponiert, dass wir eine Lösung wünschen. Ob es eine geben wird, ist Sache der Politik.“ Garbislander wünscht sich eine Kulanzlösung, bei der den Betroffenen die Strafgebühren erlassen werden.
Allerdings gilt auch hier wie überall das Prinzip „Unwissenheit schützt nicht vor Strafe“. Gerhard Föger erläutert dazu gegenüber dem Kitzbüheler Anzeiger: „Die Sachlage ist von der rechtlichen Seite sehr klar. Die neue Systematik des elektronischen Rechtsverkehrs hat natürlich eine gewisse Einschleifphase. Wir stellen fest, dass manche noch nicht auf diesen Zug aufgesprungen sind. Das ist aber keine Motivation, dies zu belohnen. Ich ersuche hier um Verständnis.“ Immerhin gehe man davon aus, dass im folgenden Jahr „Gewöhnungseffekte eintreten“ und weniger Fälle zu ahnden sein werden.
Betroffene können sich einerseits bei inhaltlichen Fragen an die Tourismusabteilung des Landes wenden, technische Fragen beantwortet das USP-Service-Center unter Tel. 050 233 733. Elisabeth Galehr

Foto: Die elektronische Zustellung sollte eigentlich ein Service sein, entpuppte sich aber jetzt als Stolperstein.

 
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