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Kitzbüheler Anzeiger
01.04.2019
News  
 

Die Tücken des Investorenmodells

Die Investorenmodelle zur Finanzierung von Hotelprojekten sind aktuell wieder in aller Munde. Welche Fallstricke und Besonderheiten das Modell mit sich bringt, zeigt das Tourismusberatungsunternehmen Prodinger auf. Der Kitzbüheler Anzeiger hat sich die wichtigsten Punkte daraus angesehen.  

Bezirk  | Prodinger analysiert das System in seinen Grundfesten:  Investoren an Bord zu holen ist ein Mittel zur Kapitalbeschaffung bei Umbau- oder Neubau von Hotelanlagen. „Viele Bürgermeister fühlen sich bei diesen Modellen überfordert. Kommunen sind nicht abgeneigt, neue Hotelbetriebe und möglichst viele ‚warme Betten‘ zu befürworten. Investorenmodelle sind in der Phase der Immobilien-Transaktion sehr profitabel, aber in der anschließenden langfristigen touristischen Betriebsführung nicht unproblematisch. Bauträger dürfen aber nur investieren, wenn die Einheiten zur touristischen Vermietung vorgesehen sind“, erläutert Thomas Reisenzahn von Prodinger gegenüber dem Kitzbüheler Anzeiger.

„Renditeproblem nicht gelöst“

Wie Hotellerie-Spartenobmann Mario Gerber bereits gegenüber dem Kitzbüheler Anzeiger festhielt, fehlt es an langfristigen Erfahrungen, wie sich solche Modelle entwickeln.

„Höchst schwierig wird es bei einer parifizierten Aufteilung der Betriebsimmobilie. Es kommt zu komplizierten Verträgen zwischen den Betreibern und den Investoren. Durch die rechtliche Behandlung im WEG (Wohnungseigentumsgesetz) wird der Hotelbetreiber zusätzlich mit ungewohnten Aufgaben konfrontiert. Abrechnungen (z.B. Mieterpool) müssen erstellt sowie Rechenschaftsberichte und Tätigkeiten der Hausverwaltung durchgeführt werden“, heißt es im Positionspapier von Thomas Reisenzahn.

Beispiele in Graubünden (Schweiz) hätten gezeigt, dass Renditeprobleme „letztlich nicht gelöst werden. Sie werden bloß auf weitere Eigentümer verlagert und teuer bezahlt. Das neue Finanzierungsmodell alleine reicht nicht hin, weil es zwar die Finanzierungsproblematik in der Startphase erleichtert, aber die Betriebsphase eher belastet.“

Im Praxisalltag ergeben sich durch derartige Strukturen außerdem noch zusätzliche Probleme, wie Prodinger konstatiert. Schwachstellen ergeben sich beispielsweise, wo die Immobilie zu wenig auf Hotelbetrieb ausgelegt ist. „Eine hotelmäßige Bewirtschaftung kann dadurch vom Betreiber nicht einfach und standardisiert und somit auch nicht wirtschaftlich durchgeführt werden.“

Dass der Kuchen in mehrere Teile zerschnitten wird, stellt ebenfalls im betrieblichen Alltag ein Problem dar, wie Prodinger analysiert: „Durch die Parifizierung der Hoteleinheiten erfolgt eine Loslösung des Eigentums an den Zimmern vom Rest des Hotels. Es gibt Allgemeinflächen und Flächen der Investoren (Eigentümer). Das WEG (Wohnungseigentumsgesetz) regelt quasi den Erfolg/Misserfolg des Hotels. Die Eigentümer der Einheiten wünschen sich eine Rendite aus der Vermietung und sind in einigen Fällen wenig an einer Refinanzierung im Hotelbetrieb interessiert. Bei fehlender Rücklagenvereinbarung für künftige Investitionen (FF&E) besteht ein Zielkonflikt zwischen den Interessenslagen.“

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Der Punkt, an dem vor allem die heimischen Gemeinden immer wieder anstoßen ist jener der Kontrolle: Investorenmodelle schüren schließlich regelmäßig die Befürchtung, Freizeitwohnsitze über die Hintertür zu begünstigen. Dazu die Einschätzung von Thomas Reisenzahn: „Die Beschränkungen der Eigennutzung gehören kontrolliert, da es zu keiner Umgehung dieser Beschränkungen von Freizeitwohnsitzen kommen darf.

Schwierigkeiten wird es dort geben, wo die Betreiberstruktur versagt und de facto Investorenmodelle direkt zu Freizeitwohnsitzen führen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, da sie durch die Parifizierung einen Eigentumsschutz genießen.“ Während in diversen Gemeinden die Hoffnung besteht, die Bettenbilanz durch Investorenhotels positiv nach oben zu beeinflussen, hält das Beratungsunternehmen einen anderen Aspekt dagegen: „Mehr Betten führen zu einer niedrigeren Preisuntergrenze in Destinationen.“ Mehr Betten zu schaffen alleine reicht nicht, man muss sich auch die Frage der Wirtschaftlichkeit stellen. Das ist auch ein Punkt, den die Wirtschaftskammer Kitzbühel immer wieder betont. „Die Schaffung von Investoren-/Buy-to-let Modellen kann die Finanzierung erleichtern und dazu beitragen, dass neue Projekte zustande kommen. Es ist aber nicht gewährleistet, dass während der Betriebsphase bessere operative Hotelergebnisse erzielt werden können. In Destinationen kann es sogar zu Preisunterbietungen kommen, da aufgrund geringerer Finanzierungskosten ein niedrigeres Pricing für Einzelleistungen erzielt werden kann“, erläutert Thomas Reisenzahn in seinen Ausführungen.

Darüber hinaus setze die Überprüfung der Betriebsstättentauglichkeit „profunde Kenntnisse“ voraus.

Das Modell aus Anlegersicht

Das Beratungsunternehmen wirft aber nicht nur einen Blick auf die Gemeindesicht. Auch die Frage nach der Rentabilität für die Anleger wird gestellt. „Problematisch auswirken können sich längere Leerstände im Hotel, mangelnde Liquidität, erforderliche Nachschüsse wegen nötiger Renovierungen, aber auch Interessenskonflikte bei den hier üblichen Mehreigentumsverhältnissen. Auch die Betreiberkosten zählt man zu den möglichen Risiken einer solchen Anlage.“ Gegenüber dem Anzeiger zieht Thomas Reisenzahn das Fazit: „Man soll solche Modelle nicht generell verteufeln, wenn man damit einem Betrieb helfen kann. Aber die Grenze zu Freizeitwohnsitzen sollte schon gewahrt bleiben.“
Elisabeth Galehr/KA

 
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