Kitzbüheler Anzeiger
08.10.2018
News  
 

„Die Kälte ist mir persönlich lieber“

Minus 60 Grad und kälter: Freerider Matthias Haunholder drehte einen Monat lang für seinen neuen Film „No Man‘s Land“ in der Antarktis. Dem Kitzbüheler Anzeiger erzählt er von den Vorbereitungen, den Dreharbeiten und wie seine Familie damit umgeht, dass er sich immer wieder in Gefahr begibt.

Warum habt ihr euch dieses Mal für die Antarktis entschieden?
2016 waren wir für den Film „The White Maze“ im kältesten bewohnten Ort der Erde in Sibirien mit Temperaturen bis zu Minus 55 Grad. Die Mischung aus Abenteuer und Skifahren in unwirtlichen Gegenden hat uns fasziniert. Wir haben uns bereits auf der Heimreise von Sibirien gefragt, wo ist es eigentlich noch kälter und unwirtlicher ist als in Sibirien? In der Antarktis!  

Wie habt ihr euch auf die Expedition vorbereitet?
Sibirien war schon mal eine gute Einstimmung auf die Bedingungen in der Antarktis. Wir konnten auch auf dem Erfahrungsschatz unserer bisherigen Expeditionen zurückgreifen. Für diese Expedition haben wir ein spezielles Gletscherspalten-Training absolviert und noch einmal unsere Erste-Hilfe-Kenntnisse aufgefrischt. Ansonsten stehen wir eigentlich das ganze Jahr über im Training und sind in den Bergen unterwegs.

Und die Kälte? Wie bereitet man sich darauf vor?
Die Kälte ist mir persönlich viel lieber als die Hitze – vor Kälte kann man sich durch gutes Material schützen und dadurch, dass man ständig in Bewegung ist, spürt man diese Kälte gar nicht so.

Für eure Tour in die Antarktis musstet ihr auch Kitesurfen lernen?
Ja, das haben wir vorher noch nicht gekonnt. Wir sind im Sommer nach Südspanien gefahren und haben einen 10-tägigen Crash-Kurs absolviert. Da haben wir Bergfexe am Anfang jede Menge Wasser geschluckt.
Um die großen Distanzen in der Antarktis überhaupt bewältigen zu können, war der Kite aber eine sehr große Hilfe. Mit 100 Kilogramm Gepäck ist das Gehen mühsam und unser Ziel war es ja auch, Berge zu besteigen, um dort skizufahren. In der Antarktis kann das Wetter schnell drehen und es gibt Stürme mit bis zu 300 km/h, deshalb war es wichtig, dass wir schnell vorankommen. Aufgrund der Kälte mussten wir aber darauf achten, dass durch das Halten des Kites uns nichts abfriert. Die Blutzirkulation bei hochgehobenen Händen verläuft ja nicht gerade optimal.

Ihr habt jeder über 100 Kilogramm Gepäck in einem Schlitten hinter euch hergezogen – was packt man für so eine Expedition ein?
Wir waren in der Antarktis komplett auf uns allein gestellt. Angefangen vom Essen, über Kleidung, Zelte, Schlafsäcke, bis zum Filmequipment haben wir alles mit den Schlitten gezogen. Die wichtigen Dinge hatten wir auch in doppelter Ausführung dabei, damit wir Ersatz haben, falls mitten im Nirgendwo etwas passiert.

Wie kann man sich die Dreharbeiten an einem unwirtlichen Ort, wie der Antarktis, vorstellen?
Die Herausforderung war natürlich die extreme Kälte. Wir haben im BMW-Forschungszentrum in der Kältekammer zuvor das Filmequipment getestet. Die Flüssigkristalle in den Kameras und in den Chips können relativ schnell einfrieren, die Akkus verlieren in der Kälte sehr schnell ihre Leistung – da muss jeder Dreh wohl überlegt sein. Die Kabel bei der Kamera haben wir mit Klebeband isoliert, damit sie in der Kälte nicht abbrechen.
Unser Kameramann Johannes Aitzetmüller hat einen unglaublichen Job geleistet. Er hat auch mit Drohnen gefilmt, das war auch nicht so einfach, denn dicke Handschuhe kann man da nicht anziehen. Zusätzlich zur normalen Kamera haben wir auch noch mit unseren Headcameras gefilmt. Als kleine Drei-Mann-Crew haben wir das Beste herausgeholt.

Du bist ja auch Familienvater. Wie gehen deine Lieben damit um, dass du dich immer wieder in Gefahr begibst?
Meine Frau hat mich nicht anders kennengelernt. Ich war immer schon als Extremsportler in den Bergen unterwegs und viel auf Reisen. Die Basis, dass unsere Beziehung so gut funktioniert, ist die Kommunikation. Ich habe immer zwei Satellitentelefone dabei, um ständig Kontakt mit zuhause zu haben. Es ist ganz wichtig, dass meine Familie weiß, dass es mir gut geht und ich will auch wissen, dass zuhause alles ok ist.
Für eine Beziehung ist es aber auch ganz interessant, wenn man mal eine Zeit getrennt ist, dann genießt man die Zeit mit der Familie umso mehr. Ich würde sogar sagen, dass ich übers Jahr gesehen mehr Zeit mit meiner Familie verbringen, als manch anderer vollerwerbstätiger Vater. Das ist schon auch schön.

Hast du auch manchmal Angst?
Nicht wirklich. Natürlich habe ich Respekt vor der Natur und den Gefahren, aber wir sind als Team so gut eingespielt, dass, wenn es zu einem Notfall kommen würde, wir auch das schaffen würden. Wir arbeiten akribisch daran, das Risiko so gering wie möglich zu halten. Im Zweifelsfall brechen wir ein Vorhaben auch ab.

Man darf als Extremsportler vielleicht auch gar keine Angst haben?
Ja, das stimmt in gewisser Hinsicht. Wenn man darüber nachdenkt, was alles passieren könnte, dann würde ich keine Expeditionen machen. Ich traue mir aber zu, Situationen richtig einzuschätzen und das Risiko abwägen zu können.

Du warst an so vielen extremen Orten schon skifahren – von welcher Skiabfahrt träumst du noch?
Ich war schon quer um den Erdball und an den ungewöhnlichsten Orten skifahren. Ein Traum wäre noch die nördlichste Skiabfahrt der Welt in der Arktis zu machen. An der Verwirklichung arbeiten wir schon...
Johanna Monitzer

Bild: Matthias Haunholder (li.) und Matthias Mayr machten sich auf in die Antarktis. Ihre Abenteuer gibt es am 11. Oktober in „No Man‘s Land“ zu sehen. Foto: Aitzetmüller

No Man´s Land - Expedition Antarctica from M-Line Freeski TV on Vimeo.

 

Daten & Fakten
Premiere: „No Man‘s Land“
St. Johann | Gerade das Unmögliche zieht die beiden Freerider und Abenteurer Matthias Haunholder und Matthias Mayr magisch an. Zusammen mit Kameramann Johannes Aitzetmüller machten sie sich auf den Weg zum unwirtlichsten Ort der Welt: der Antarktis. In der faszinierenden Landschaft befahren sie die steilsten Flanken und verarbeiten ihre Erlebnisse im Film „No Man‘s Land“.
Die Tirol Premiere „No Man‘s Land“ findet am Donnerstag, 11. Oktober, im Kaisersaal St. Johann ab 20 Uhr statt. Vorverkauf bei Intersport Patrick und Rockbar. Der gesamte Erlös aus den Eintritten wird dem VST Kitzbühel gespendet.
Matthias Haunholder
Matthias Haunholder aus Walchsee ist vielen noch als Freerider in Erinnerung. Haunholder gewann u.a. 2008 die Freeride World Qualifier Tour und konnte 2009 den Freeride World Tour Stop in Tignes gewinnen. Seit 2008 widmet er sich Freeride-, Abenteuer und Extremsportfilmen. „No Man‘s Land“ ist bereits sein 15. Film. „The White Maze“, welchen er auch mit Matthias Mayr produzierte, konnte elf Filmpreise weltweit gewinnen.
Heuer bringt er mit „Daddies on Skis – Home to Home“ einen weiteren Film heraus, worin er einen selbstironischen Blick auf skifahrende Väter wirft.

 
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