Kitzbüheler Anzeiger
12.04.2017
News  
 

„Das Risiko schreckt Junge ab“

Lukas Schwentner eröffnete kürzlich in Reith seine neue Praxis für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Der Kitzbüheler Anzeiger sprach mit ihm über die Situation der Fachärzte im Bezirk und die geplante Gesundheitsreform.

Reith | Im Bezirk herrscht in bestimmten Fachgebieten ein starker Mangel an Ärzten. Wie kommt es, aus Ihrer Sicht, dass so viele Stellen unbesetzt bleiben?
Das ist ein gute Frage, die man nicht so leicht beantworten kann. Es gibt meiner Erfahrung nach viele Junge, die das unternehmerische Risiko, eine eigene Praxis zu eröffnen, scheuen und auch die Vorzüge der Klinik schätzen. Wenn man da einmal ausfällt ist man nicht der, der verantwortlich ist – der den Laden am Laufen hält. Das ist für viele schon wichtig. Es schreckt auch viele die Arbeit ab, die dahinter steckt. Bis eine neue Ordination dasteht, vergeht viel Zeit. Man muss viele Gedanken investieren.

Stichwort Gesundheitsreform: Was sollen die geplanten Primärversorgungszentren (viele Ärzte unter einem Dach) leisten?
Was die Primärversorgungszentren erreichen wollen, ist, die Krankenhaus-Ambulanzen zu entlasten. Sie wollen im Prinzip eine Krankenhaus-Ambulanz machen, die nicht im Krankenhaus stattfindet. Der Hintergrund ist ein einfacher, es geht um die Kosten. Das ist auch kein Vorwurf.
Die Ambulanzen sind für Krankenhäuser nicht attraktiv. Sie müssen dafür viel Personal vorhalten. Die Krankenhäuser verdienen ihr Geld nicht über Ambulanzen, sondern über Leistungen, die sie anbieten.
Die Primärversorgungszentren sind in ihrer Idee gar nicht so schlecht. Die große Kritik ist aber die, dass es dann keine heimatnahe Versorgung mehr gibt. Denn das ist klar: Es wird nicht in St. Johann, Kitzbühel, Oberndorf und in Reith bei Kitzbühel ein Primärversorgungszentrum zu Verfügung stehen. Es gibt dann nicht mehr den Hausarzt, der in deinem Ort sitzt und sich um dich kümmert. Der Service für die Patienten, vor allem in ländlichen Regionen, wird sich aus meiner Sicht dadurch verschlechtern. Da haben wir ja jetzt schon das Problem, dass wir keinen Nachwuchs finden.
Gerade in den ländlichen Regionen ist das Zentralisieren der Versorgung zwar für die Kostenträger interessant, weil sie Geld sparen, möglicherweise auch für die Ärzte, weil sie Verantwortung loswerden, aber für die Patienten sicher ein Nachteil, weil es dann aus meiner Sicht sicher eine schlechtere heimatnahe Versorgung gibt.

Was kann eine Region oder Gemeinde tun, um Ärzte herzuholen?
Man muss schauen, dass man sich attraktiv macht. Es gibt sehr viele Beispiele, die mir gut gefallen, wo Gemeinden für Ärzte die Infrastruktur schaffen, d.h. den Zugang zu den Immobilien und zu den Patienten erleichtern und ihnen im Prinzip die Eingangstür öffnen. Gerade in Regionen, die sich schwertun, ist das schon interessant. Das größte Problem daran ist, dass natürlich die Bürgermeister ein Interesse daran haben, Ärzte herzuholen, aber sie sollten grundsätzlich nicht dafür veantwortlich sein müssen, dass ihr Ort für Ärzte attraktiv ist. Das ist kein flächendeckendes Konzept.
Das Nachwuchsproblem wird wahrscheinlich eher größer als kleiner in den nächsten 10 bis 15 Jahren.

Wie stehen Sie zum Trend, dass viele sich bei „Dr. Internet“ Rat suchen?
Viele Leute schauen im Internet nach, weil sie hilflos sind. Es gibt eben wenig gut aufbearbeitete Informationen von Ärzten für Patienten. Das wird gerade etwas besser.
Die Information im Internet ist oft gemein, weil sie häufig etwas verkaufen will, viele wollen dabei einfach nur Geld verdienen. Elisabeth Galehr

 
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