Kitzbüheler Anzeiger
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26.11.2020
News  
 

Corona schürt die Armut im Bezirk

Die fünf Tafeln des Roten Kreuzes im Bezirk verzeichnen einen massiven Anstieg an Klienten. Der Personenkreis, deren Einkommen nicht mehr zum Leben reicht, hat sich geändert, bemerkt auch die Caritas in St. Johann.

Bezirk | Eine Wohnung, ein Auto, normal gekleidet – Armut erkennt man oft nicht auf den ersten Blick. Firmenpleiten, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit hinterlassen Spuren im Bezirk. Und die große Welle wird erst kommen, je nachdem wie die Wintersaison verläuft – sind sich die Hilfsorganisationen und Experten einig.

„Man spürt Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit“
Das Rote Kreuz verzeichnet bei seinen Lebensmittel-Tafeln in Kitzbühel, St. Johann, Brixen, Kössen und im Pillerseetal einen massiven Anstieg an Klienten. Man spürt Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit, erzählt Isabella Mitter, zuständig für die Kommunikation beim Roten Kreuz: „Der Personenkreis hat sich verändert, zuvor waren unsere Klienten oft ältere oder alleinstehende Personen. Jetzt gibt es immer mehr jüngere Menschen oder Familien, die sich durch Corona unerwartet in schwierigen Lagen sehen.“

Jüngere und Familien
Ähnliches berichtet Eva Grünwald, Leiterin des Sozialmarktes „CARLA“ der Caritas in St. Johann: „Unsere größte Klientengruppe waren bislang Pensionisten, die mit einer kleinen Rente über die Runden kommen müssen. Nun registrieren sich auch Jüngere und Familien für den Sozialmarkt.“
Die Kundenzahl war im Sozialmarkt vor der Corona-Pandemie eher sinkend, nun ist die Tendenz steigend. „Je nachdem, wann es eine Impfung geben wird und sich die Wirtschaft wieder erholen kann, rechnen wir bei der Caritas mit einem weiteren Anstieg der Klienten – der kann auch enorm sein“, sagt Grünwald.
Der Caritas Sozialmarkt ist zugleich ein Beschäftigungsprojekt für langzeitarbeitslose Frauen. Finanziert wird er durch das AMS, das Land Tirol sowie den Erträgen aus dem Second Hand Markt. „Der Second Hand Markt ist für jeden geöffnet. Man erwirbt schöne Einzelstücke und tut etwas Gutes“, veranschaulicht Grünwald.

Keiner will arm sein – Schamgrenze ist hoch
Wie stark die Corona-Pandemie die Armut schürt, spürt auch Andrea Wieser tagtäglich. Sie ist bei der Caritas für die Sozialberatungen zuständig. Kamen zuvor eher Menschen mit Erkrankungen bzw. Langzeitarbeitslose in die Beratungen, suchen nun Menschen aus allen Bildungs- und Altersschichten Hilfe, berichtet sie.
Seit Oktober 2019 wird im Rahmen des Projektes Inbus  kostenlose, anonyme Finanzberatung im Bezirk angeboten. Ansprechpartner Herbert Gasser verzeichnet einen gewissen Zuwachs seit Beginn der Pandemie – nichtsdestotrotz, dass die Schamgrenze, Hilfe anzunehmen noch immer sehr hoch ist: „Wir stellen fest, dass es vermehrt statistische Ausreißer gibt. Der Kern der armutsgefährdeten Personen ist jedoch gleich geblieben. Das sind: Frauen, geschieden, alleinerziehend und/oder mit einer geringen Bildung.“

Heizkostenzuschüsse und Mindestsicherung
Beim Land Tirol kann man bis 30. November für einen Heizkostenzuschuss ansuchen. Die Ansuchen sind mit Stand 20. November im Bezirk noch nicht eklatant mehr, als im Vergleich zum Vorjahr, teilt man dem Kitzbüheler Anzeiger auf Anfrage mit.
Einen massiven Anstieg der Mindestsicherungsanträge verzeichnet die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel auch noch nicht. „Offenbar wurden Verdienstausfälle durch die Corona-
Maßnahmen des Bundes bislang gut abgefedert“, vermutet Christian Foidl.

Wann ist man arm?
Laut einer Studie der Österreichischen Wirtschaftsuniversität gilt als armutsgefährdet, wer nicht mehr als 1.286 Euro im Monat zur Verfügung hat. Laut der Studie aus dem Jahr 2019 waren das 17 Prozent der erwerbstätigen Menschen in Österreich – um wie viele Prozent es 2020 mehr geworden sind, wurde noch nicht erhoben. Johanna Monitzer

Bilder: „Es kommen immer mehr Jüngere und Familien zur Tafel“, berichtet das Rote Kreuz im Bezirk. Fotos: RK Kitzbühel/Mitter

Die Erlöse aus dem Second Hand Markt der Caritas in St. Johann kommen dem Sozialmarkt zu Gute. Im Second Hand Markt darf jeder einkaufen, für den Sozialmarkt muss man sich registrieren. Foto: Caritas

 
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