Kitzbüheler Anzeiger
21.06.2016
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Asylwerber stoßen auf Ablehnung

Dass inmitten eines Siedlungsgebiets 25 geflüchtete Menschen ein Zuhause auf Zeit finden könnten, stößt in St. Ulrich auf Unverständnis. Beim Informationsabend gingen die Wogen hoch. Es gab aber auch positive Stimmen.

St. Ulrich | Sehr „emotional“ verlief ein Informationsabend am Dienstag vor einer Woche, wo Bürgermeisterin Brigitte Lackner die Bürger darüber in Kenntnis setzte, dass eine Familie ihr Privathaus für geflüchtete Menschen zur Verfügung stellen würde. Neben der Dorfchefin standen den Bürgern Bezirkshauptmann Michael Berger, Georg Hochfilzer (Regionalleiter der Tiroler Sozialen Dienste), Asylwerberbetreuer Edwin Veldt, Bezirkskommandant Martin Reisenzein, Thomas Seeber von der Polizeiinspektion Fieberbrunn sowie die Schwendter Vize-Bgm. Maria Schermer, die Kitzbüheler GR Hedwig Haidegger und Gertraud Rief, die bereits viel Erfahrung mit der Unterbringung von geflüchteten Menschen haben, am Podium Rede und Antwort.

Angst vor sexueller Belästigung und Gewalt

Dass die 25 geflüchteten Menschen in St. Ulrich nicht mit offenen Armen empfangen werden, wurde in der Diskussion schnell klar. Viele Bürger hatten das Gefühl, dass über sie „drübergefahren“ wird. Die Bürgermeisterin und ihre Podiumskollegen wurden als blauäugig und naiv bezeichnet. „Dort gibt es auch einen Waldweg, Mütter können dann nicht mehr spazieren gehen“, meinte etwa eine Bürgerin. Die Angst vor sexueller Belästigung und Gewaltverbrechen durch kriminelle Asylwerber war in der Diskussion allgegenwärtig. „Wir wissen nicht, wer nach St. Ulrich kommt und wenn Querulanten dabei sind, dann passiert ihnen nichts, sie werden lediglich in eine andere Unterkunft verlegt, aber vorher haben sie mich wahrscheinlich schon erschlagen“, redete sich ein Bürger in Rage.

Erfahrungswerte zeichnen anderes Bild

Auch die Erfahrungswerte der heimischen Polizei konnten die Gegner der Asylunterkunft nicht beschwichtigten. „Jeder hat ein subjektives Sicherheitsgefühl, aber die Fakten zeichnen ein anderes Bild. In den Heimen, die unter der Führung des Landes Tirol stehen gibt es eigentlich keine Probleme“, erklärte Bezirkskommandant Reisenzein.

Wohin mit den geflüchteten Kindern?

Ein weiterer Kritikpunkt stellte die fehlenden Kapazitäten in der Kinderbetreuung dar. Aufgrund der Überlastung der Kinderkrippe und des Kindergartens tüftelt die Gemeindeführung schon seit längerer Zeit an einem großzügigen Neubau der Einrichtungen. Hier könnten aber die Nachbargemeinden aushelfen, wie Bezirkshauptmann Berger erklärt.

„Innerhalb des Planungsverbundes gibt es freie Kapazitäten. Hier muss zusammengearbeitet werden“, so Berger.
Neben all den negativen Meinungen gab es aber auch positive Stimmen. So meinte eine direkte Anrainerin, dass es wohl kein Problem sei, 25 Leute zu integrieren. „Wir reden hier von christlichen Werten und haben selber keine mehr“, konnte ein anderer Bürger nur den Kopf schütteln.

Familie wohnt mit Asylwerbern im Haus

Die Familie, die das Haus an das Land Tirol vermieten würde, würde auch weiterhin selber dort wohnen. „Die Liegenschaft wäre als Unterkunft für 25 Personen optimal. Damit würde St. Ulrich auch die Aufnahmequote erfüllen“, schilderte BH Berger, der die Unterkunftssuche im Bezirk koordiniert. Letztendlich sei es aber eine politische Entscheidung, so Berger. „Eine Unterkunft entsteht nur im Einvernehmen mit der Gemeinde“, betont der Bezirkshauptmann.

Entscheidung obliegt dem Gemeinderat

Die Gemeindeführung stimmt nun über die Aufnahme von den geflüchteten Menschen in der Gemeinderatssitzung am 23. Juni ab. „Auch ich bin hin- und hergerissen. Wir müssen uns der Verantwortung stellen. Es ist eine Herausforderung, die wir aber schaffen können“, erklärt die Bürgermeisterin. Nach dem Informationsabend haben sich übrigens zahlreiche Bürger bei ihr gemeldet, die sich für eine Aufnahme aussprechen.
Der Forderung nach einer Bürgerabstimmung will Lackner nachkommen, falls es im Gemeinderat keine Einigung gibt.
Johanna Monitzer

 
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