Kitzbüheler Anzeiger
28.10.2019
News  
 

Alter Brauch, neue Möglichkeiten

Besuch von zwei wandernden Gesellen erhielt der Oberndorfer Bürgermeister Hans Schweigkofler vergangene Woche. Während die Tradition der „Walz“ in Deutschland sehr hoch gehalten wird, findet man hierzulande eher weniger junge Handwerker, die auf Tippelei gehen. Allerdings gibt es auch moderne Alternativen.

Oberndorf, Bezirk  | Drei Jahre und ein Tag – so lange muss die Walz offiziell dauern und der wandernde Gesell darf sich in dieser Zeit nicht näher als 50 Kilometer seiner Heimatstadt nähern. Schuldenfrei, ungebunden und jung – so lässt es sich standesgemäß in die Fremde gehen. Die jahrhundertealte Tradition der Walz sorgt auch in der modernen Zeit für Faszination.
Es kommt eher selten vor, dass sich ein junger Handwerker aus der Region auf diese Reise begibt. Die auswärtigen Arbeitskräfte, die im Bezirk vorbeiziehen, werden hingegen gerne in Dienst genommen, wie die Referentin des Netzwerkes Handwerk, Andrea Achrainer, gegenüber dem Kitzbüheler Anzeiger unterstreicht. „Es sind ja fertige Gesellen, die sich auf der Wanderschaft weitere Kompetenzen aneignen – man kann sie auch wirklich zum Arbeiten einteilen“, so Achrainer. Somit sind die Tippler gern gesehene Helfer – selbst wenn in der heutigen Zeit die Bürokratie eine gewisse Hürde für die Dienstgeber darstellt. Die meisten Handwerker auf der Walz sind in den Baugewerken. Aber: „Die Walz ist für alle Gewerke mit Zunft geeignet“. Die Tippler sind untereinander sehr gut vernetzt und Arbeit finden sie auch nicht zuletzt einfach dadurch, dass sie über ihre traditionelle Kleidung sehr einfach als Wandergesellen auszumachen sind.

Die Grundidee, dass junge Handwerker in die Ferne ziehen und sich dabei „verschiedene Sicht- und Praxisweisen aneignen“, ist für Andrea Achrainer ein hervorragendes Konzept. Dadurch wird der lebendige Austausch unter den Handwerkern gefördert.

Nicht umsonst zählt die Walz zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe. In der alpenländischen Region eher verbreitet war früher übrigens das „auf die Stör“ gehen. Handwerker verließen dabei ihre jeweilige Werkstatt und zogen in die Täler zu den verschiedenen Bauernhöfen – quasi direkt hin zum Kunden. Auch diese Tradition lässt sich in die Moderne übersetzen – das Netzwerk Handwerk will sich dieser Praxis mit einer Initiative annehmen, gibt Achrainer einen Ausblick.

Auslandserfahrung für Lehrlinge

Wer sich für das Konzept der Walz interessiert, aber nicht gleich drei Jahre fern bleiben will, hat übrigens u.a. mit dem Programm „Tiroler auf der Walz“ im Rahmen vom EU-Austauschprogramm „Erasmus +“ Gelegenheit dazu. Lehrlinge erhalten dementsprechend Stipendien für den Auslandsaufenthalt in der Europäischen Union.  Elisabeth Galehr

Daten&Fakten
„Tiroler auf der Walz“
Bezirk  | Die AK Tirol hat in Kooperation mit der „Standortagentur Tirol“ ihr bewährtes Projekt „Tirolerinnen und Tiroler auf der Walz“ ausgedehnt und bieten auch Lehrlingen die Möglichkeit, ein Praktikum in Europa zu absolvieren. Dies wird auch vom Land Tirol unterstützt. Lehrlinge haben die Möglichkeit, noch während ihrer Lehrzeit ein paar Wochen oder Monate ihrer Ausbildung im Ausland zu verbringen. Als mögliche Zielländer kommen alle EU-Mitgliedstaaten in Frage sowie die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen und die Türkei. Teilnehmen können Lehrlinge aus Tiroler Betrieben. Für die Praktikumsdauer von 4 – 26 Wochen erhalten die TeilnehmerInnen 520 – 600 Euro pro Monat, abhängig vom Zielland, plus einen Reisekostenzuschuss sowie einen Zuschuss für einen Sprachkurs vor oder während des Auslandsaufenthaltes.
Es besteht auch nach wie vor die Möglichkeit für junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis 12 Monate nach erfolgreichem Abschluss ihrer Lehre oder nach Beendigung einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule ein gefördertes Auslandspraktikum im Rahmen des Projektes „Tirolerinnen und Tiroler auf der Walz“ zu starten. Das Programm ist auch für Schüler berufsbildender höherer Schulen offen. Quelle: AK Tirol

Bild: Besuch von Handwerkern auf der Walz erhielt kürzlich Oberndorfs Bürgermeister Hans Schweigkofler. Drei Jahre und ein Tag müssen die jungen Männer mindestens von der Heimat fort bleiben. Foto: Gemeinde Oberndorf

 
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