Kitzbüheler Anzeiger
11.03.2018
News  
 

„...weil man nicht weiß, was passiert“

Die Südtirolerin Elisabeth Flunger ist die diesjährige artist in residence beim Festival artacts.

Am Sonntag wird Elisabeth Flunger eine Installation mit Musikern, Maschinen, Texten und Bildern in der Wieshofer Mühle in St. Johann präsentieren. Der Kitzbüheler Anzeiger sprach vorab mit der Schlagwerkerin, Komponistin und Improvisationskünstlerin über die spannenden Seiten der Musik.

Was bedeutet es für Sie als artist in residence für artacts ausgewählt worden zu sein?
Als artist in residence sehe ich meine Aufgabe darin, im Ort mit Leuten in Kontakt zu kommen, die vielleicht keine gewohnheitsmäßigen Festivalbesucher sind, und sie einzuladen, sich der Musik zu öffnen. Das passiert vor allem in meinen Musikworkshops mit Schulklassen. Und ich organisiere eine große musikalische Aktion in der Wieshofer Mühle, extra für diesen Ort, und ich hoffe, dass es mir so gelingt, die Kunst zu den Menschen zu bringen.

Auf Ihrer Homepage steht zu lesen „Schwerkraft für die Ohren“ - würden Sie so ihre Musik bezeichnen?
Teilweise. Schlaginstrumente sind ziemlich schwer zum Schleppen (lacht), aber so war das gar nicht gemeint. Wenn ich improvisiere, dann spiele ich am liebsten mit Metallobjekten, die ich frei bewege: Ich kann sie schieben, werfen, rollen, schaukeln, auftürmen, ziehen, rütteln. Die Objekte können dabei verrutschen, wackeln, klappern, fallen. Sie folgen der Schwerkraft und dem Schwung der Bewegung.  Ich mag es, wenn das Instrument eine Eigendynamik entwickelt. Das macht die Musik spannend, weil man nicht weiß, was passieren wird.

Es gibt sicher auch einige Menschen, die mit improvisierter Musik und Klangkunst nicht viel anfangen können. Wie begegnen Sie denen?
Wenn sich jemand nicht für meine Musik interessiert, finde ich das nicht tragisch. Ich interessiere mich z.B. auch nicht für Fußball. Ich will niemanden bekehren. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es einfacher ist, wenn man improvisierte Musik in einem Konzert oder in einer Performance kennenlernt. Das Zuschauen, das gemeinsame Erlebnis, der Gedankenaustausch mit anderen helfen, die Musik zu genießen. Die Stimmung und die Atmosphäre bei einem Festival wie artacts ist einzigartig – da kann keine CD mithalten. Musik muss man live erleben.  

Viele sind schon gespannt auf Ihre Klanginstallation in der Wieshofer Mühle - was erwartet die Besucher?
In der Mühle gibt es auf vier Stockwerken verschiedene Maschinen, die schauen nicht nur beeindruckend aus, sie machen auch  faszinierende Geräusche. Die Musiker werden zusammen mit den Maschinen improvisieren. Eine Märchenerzählerin wird Texte vortragen – mehr will ich aber nicht verraten. Am besten vorbeischauen!

Sie geben während Ihres Aufenthaltes in St. Johann auch Workshops für Kinder. Wie wichtig ist es, schon Kinder an die verschiedenen Ausdrucksweisen der Musik heranzuführen?
Ich bin der festen Überzeugung, wenn Kinder ein Instrument lernen, dann wirkt sich das positiv auf ihr ganzes Leben aus, dann gewinnen sie ein tieferes Verständnis für Musik.  Genauso wichtig finde ich es, den Kinder auch die Möglichkeit zu zeigen, dass sie improvisieren und komponieren und ihre eigene Musik erfinden können.  

Was ist für Sie gute Musik?
Ich weiß keine allgemeingültigen Qualitätskriterien für Musik. Jede Art von Musik hat ihre eigenen Regeln. Was in einem Kontext toll ist, kann woanders ganz grauenhaft und peinlich wirken. Ich kenne eine junge Punkband, die spielen total schlecht. Und trotzdem ist das, was sie machen, interessant und witzig, weil sie frech sind und eine gute Energie ausstrahlen. Gute Musik hängt für mich nicht allein von der Perfektion ab, sie sollte auch etwas persönliches, ein Lebensgefühl, eine Weltsicht, eine besondere Idee vermitteln. Dazu brauche ich keinen Text, das kann sich auch im Spielen mit einem Instrument ausdrücken.

 

ZUR PERSON - Elisabeth Flunger
Elisabeth Flunger stammt aus Südtirol, hat Musikwissenschaft, Ethnologie, Schlagzeug und Komposition studiert und lebt in Wien. Sie beschäftigt sich mit improvisierter und komponierter zeitgenössischer Musik, als Solistin und in Zusammenarbeit mit Musikerinnen und Ensembles verschiedener Stilrichtungen. Außerdem arbeitet sie als Performerin, Komponistin und Musikerin in Theater- und Tanzproduktionen und hält Improvisations- und Kompositionsworkshops für Kinder und Erwachsene.

Ihr Lieblingsinstrument ist eine Ansammlung von Metallobjekten, die sie in Konzerten, Rauminstallationen und Performances verwendet. Für dieses Instrumentarium hat sie spezielle Spieltechniken entwickelt und eine Reihe von Solostücken komponiert.
Johanna Monitzer

Bildbeschreibung: Sie spielt am liebsten mit Metallobjekten, die sie frei bewegen kann. „Ich mag es, wenn das Instrument eine Eigendynamik entwickelt“, sagt Elisabeth Flunger. 
Foto: Bernhard Günther

 
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