Kitzbüheler Anzeiger
07.02.2016
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„Ich bin mir immer treu geblieben“

24 Jahre fungierte Ernst Schwaiger als Bürgermeister von Kirchdorf – nach der Wahl Ende Februar nimmt auch er Abschied von der Gemeindepolitik. Ein reiflich überlegter Schritt, denn vor allem die letzten Jahre hätten ihn viel Substanz gekostet, sagt Schwaiger. Als Obmann der Großachengenossenschaft wird er allerdings noch zwei Jahre bleiben.

Kirchdorf | „Vier Perioden sind einfach genug“ – noch waltet Kirchdorfs Bürgermeister Ernst Schwaiger zwar derzeit seines Amtes in der Gemeindestube, doch er freut sich schon jetzt auf die Ruhe nach der Wahl. „Der Entschluss, nicht mehr zu kandidieren, steht schon länger fest. Wenn man es genau nimmt, hätte ich eigentlich schon zur Halbzeit der Periode Schluss machen müssen“, betont Schwaiger. 30 Jahre lang, davon 24 Jahre als Bürgermeister, hat der 65-Jährige die Gemeindepolitik in Kirchdorf mitgestaltet. „Jetzt freue ich mich auf eine ruhige Zeit. Dann kann ich wieder ich sein“, sagt Schwaiger.

Zu viele Vorschriften

Vor 24 Jahren folgte Schwaiger damals dem legendären Michael „Habach Mich“ Nothegger auf dem Bürgermeistersessel nach. Es hat sich viel verändert in dieser Zeit. „Damals konnte man doch noch einiges aus dem Bauch heraus­ entscheiden. Heute hat man auch gleich einmal einen Anwalt im Rücken“, erklärt Ernst Schwai­ger. Er beneide seinen Nachfolger nicht. „Es wird von der hohen Politik immer mehr auf die Gemeinden abgeschoben und die Lokalpolitiker sollen die oft unpopulären Entscheidungen vor der Bevölkerung vertreten“, ist Schwaiger verärgert. Seiner Ansicht nach gehöre die Anzahl der Politiker im Landtag sowieso massiv reduziert, den Bundesrat würde er überhaupt abschaffen. „Das Geld, das man sich hier sparen würde, könnte besser für die Bevölkerung verwendet werden“, ist er überzeugt.

Schule kostete Substanz

Herausforderungen habe es viele gegeben. „Ich bin besonders stolz, dass wir die Hochwasserverbauung abschließen konnten“, sagt Schwaiger. In seiner Ära fiel immerhin die Umsetzung des größten Hochwasser-Schutzprojektes Mitteleuropas, das er auch als Obmann der Großachengenossenschaft mitgestalten konnte. Dass er den Bau des neuen Bildungszentrums samt Schule, Kindergarten, Krippe und vielem mehr umsetzen konnte, ist natürlich für ihn ein besonderer Grund zu Freude. Auch wenn ihm das Projekt viel Substanz gekostet habe.

Anfeindungen und die vielen kleinen Nadelstiche im Gemeinderat „sind mir schon an die Nieren gegangen“. Er habe für Kirchdorf immer nur das Beste gewollt, betont Schwaiger. Kirchdorf ist vor allem in den letzten Jahren sehr gewachsen. „Auch das waren Herausforderungen – wie z.B. die Schaffung von Wohnraum, die Wasserversorgung oder die Kanalisation – die wir gut bewältigt haben“, ist Schwai­ger stolz. Ihm sei auch immer wichtig gewesen, zu den Leuten hinzufahren und mit ihnen zu reden. „Ich habe nie jemanden auf die Gemeinde zitiert, damit habe ich sicher vieles erreicht, was vielleicht anders nicht gegangen wäre. Ich habe auch viele Amtsgeschäfte auf der Straße abgewickelt.“

„Du-Sager“ bleibt in Erinnerung

Wer den Ernst kennt, weiß, dass er das Herz auf der Zunge trägt, wie er auch selbst zugibt. „Ich bin nun einmal ein ehrlicher Mensch“ - doch diese Ehrlichkeit hat ihn nicht nur einmal vor den Kadi gebracht. „Gewonnen habe ich bis auf einen, aber alle Prozesse“, betont Schwaiger. Der berühmte „Du-Sager“ – Prozess ging dann auch in die Annalen ein. Schwaiger hatte 2007 im Rahmen einer Wasserrechtverhandlung einen Wiener Anwalt nicht nur geduzt, sondern ihn auch als „deppat“ erklärt. Der schleppte den streitbaren Dorfchef wegen Ehrenbeleidigung vor Gericht. Schlussendlich mit Erfolg – das wurmt Schwaiger auch heute noch, auch wenn er inzwischen darüber lachen kann. Und nach wie vor zu seiner Art der Verhandlungsführung steht.

Nach der Wahl freut er sich „auf viel Ruhe“. Nicht nur sein Motorrad wartet auf ihn, auch ausgedehnte Radtouren stehen auf dem Plan. „Und natürlich werde ich auch in Zukunft an den Samstagen an der Kasse im Geschäft sitzen“, freut sich der ehemalige Spar-Kaufmann, der das Geschäft bereits seinem Sohn übergeben hat.

Die Position des Obmannes der Großachengenossenschaft will er noch zwei Jahre behalten. „Wir haben vieles geschafft. Nicht nur in Kirchdorf, dass auch in Kössen nach dem Hochwasser und auch an der Reither Ache die Schutzbauten schon so weit sind, macht mich besonders stolz“, kann es Ernst Schwaiger aber nicht ganz mit der Politik lassen. Margret Klausner

 
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