Kitzbüheler Anzeiger
06.09.2015
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Fahnenkuss, Symbol der Geschichte

Salutschüsse anlässlich der Weihe der neuen und trotzdem alten Jochberger Schützenfahne: Tiroler und Bayern, die einstigen Feinde in den Napoleonischen Kriegen, ließen es bei dem großen Festakt im bayerischen Ingolstadt gemeinsam ordentlich krachen.  

Jochberg | Auf dem verblichenen, gelb-weißen Damast ist der Habsburger Doppeladler mit dem Schriftzug „Viertl Jochperg M.T.“ aufgestickt, auf der Rückseite das Gnadenbild des kleinen Wallfahrtskirchleins Jochberg Wald: Eine mehr als 200 alte Fahne mit weitreichender historischer Bedeutung, zumal sie ein Teil der Tiroler und vor allem der Jochberger Geschichte ist.

Fahne 1809 am Pass Strub „erobert“

Es handelt sich dabei um das Original, mit dem die Jochberger Schützen unter ihrem legendären Hauptmann Anton Oppacher im Mai des Jahres 1809 in den Kampf gegen die bayerischen Feind zogen. Schauplatz der blutigen Kämpfe war der Pass Strub zwischen Waidring und Lofer, den die Bayern aufgrund des erbitterten Widerstandes der Tiroler Aufständischen erst nach mehreren Anläufen für sich erobern konnten.

Dabei wurde allerdings nicht nur der strategisch wichtige Pass „genommen“, sondern auch die Schützenfahne der Jochberger Kompanie. Sie lagert im Bayerischen Armeemuseum in Ingolstadt, doch ihr Ausstellungsort war den Jochbergern viele Jahre lang ein Dorn im Auge.

Alle Jochberger Bestrebungen, die historische Fahne wieder zurückzubekommen, waren in der Vergangenheit jedoch gescheitert. In einem Schreiben aus der bayerischen Staatskanzlei habe man bereits in den 1970er-Jahren mitgeteilt, dass die Fahne ein Einzelstück des Bayerischen Armeemuseums sei und deshalb auch dort zu verbleiben habe, schildert Bürgermeister Heinz Leitner im Gespräch mit dem Kitzbüheler Anzeiger.

„Wenigstens eine Replik für Jochberg“

Und so ist es seither geblieben. 2012 unternahmen die Jochberger einen neuerlichen Versuch. Der Museumsverein besichtigte die historische Fahne in Ingolstadt und es stand schon bald fest: Wenn schon nicht das Original, so wolle man wenigstens eine Replik für die Schützenkompanie erhalten. „Diese Fahne ist für die Gemeinde und für die Oppacher Schützen von höchstem Interesse, beschreibt Leitner. „Nicht aus Kriegsbegeisterung oder aus falsch verstandenem Patriotismus, sondern als Teil der eigenen Geschichte.“

Man gab deshalb die Anfertigung einer zweiten Fahne nach dem Vorbild des Originals in Auftrag und finanzierte sie mit Spendengeldern. Mit Hilfe von Werner Brodt, eines aus Bayern stammenden Wahl-Jochbergers, gelang es, die bürokratischen Hürden zu nehmen und die Replik in einer feierlichen Zeremonie in Ingolstadt Ende August zu segnen.

Die Veranstaltung im Schloss war freilich von hohem Symbolcharakter, in deren Mittelpunkt der sogenannte Fahnenkuss – die neue Fahne berührte die alte – stand. „Ein sehr bewegender Moment für uns“, beschreibt Dorfchef Leitner stellvertretend für die rund 100 Personen umfassende Jochberger Delegation. „Wir alle waren sehr ergriffen.“ Auch dann, als sich die Kommandanten der Oppacher und der Schrobenhausener Schützenkompanien über der Fahne symbolisch die Hände reichten, Prinz Wolfgang von Bayern in seiner Ansprache dem Festakt eine weitreichende historische Dimension zumaß und die Tiroler und Bayern gemeinsam mehrere Salutschüsse abfeuerten.

Mit dem Fahnenkuss ist ein Teil der Jochberger Geschichte wieder ins Bewusstsein gerückt. Die neue „alte“ Fahne wird deshalb nicht im Heimatmuseum landen, sondern die Oppacher-Schützen künftig bei allen großen Ausrückungen samt Kompaniefahne begleiten.  
Alexandra Fusser

 
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