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Kitzbüheler Anzeiger
06.09.2016
News  
 

Deutschlernen per Mausklick

Kurt Pikl entwickelte in Eigenregie ein Programm, mit dem geflüchtete Menschen ein Basiswissen in der deutschen Sprache erlernen können. In St. Johann wurde es bereits erfolgreich installiert.

St. Johann | Ein junger Asylwerber sitzt in St. Johann vor dem Computer und drückt mit der Maus auf das Bild einer Birne. Im Kopfhörer hört er die Stimme von Kurt Pikl, der das Wort samt dazugehörigem Artikel „die Birne“ langsam und deutlich ausspricht. Um sich auch die Schrift einzuprägen, steht „die Birne“ noch einmal in geschriebener Form am Bildschirm. Zusammen mit einigen Helfern hat der St. Johanner 650 Basisvokabeln und Redewendungen zu dem Sprachprogramm „kimmher“ verarbeitet. Rund drei Wochen hat Pikl, der selbst ein IT- Unternehmen führt und vielen vielleicht als Mundartdichter und Künstler ein Begriff ist, benötigt, um  alle Wörter sowie Redewendungen einzusprechen.

Für jede Sprache und jedes Bildungsniveau

Das Sprachlernprogramm ist in verschiedene Themengruppen gegliedert – so gibt es neben Zahlen, Alphabet und allgemeinen Begriffen z.B. die Gruppen „Gastronomie“, „Bau“ oder „Hausverwaltung“. „Bei den Themen haben wir uns vorwiegend danach gerichtet, wo die Asylwerber die meisten Jobchancen haben. Damit soll ihnen auch der Berufseinstieg erleichtert werden“, erklärt Pikl. Das Sprachprogramm ersetzt aber keinen Sprachkurs, wie Pikl betont. „Es ist ein erster Einstieg in die Deutsche Sprache. Die Menschen sollen damit ein Basiswissen erlangen. Sogar Analphabeten können mit dem Programm Vokabeln lernen, denn lesen können muss man eigentlich nicht“, erklärt er. Da das Programm mit Bildern arbeitet, kann es auch von allen Menschen, egal welche Muttersprache sie haben, genutzt werden.

Als zweiter Schritt im Lernprogramm werden die Trainingsunterlagen ohne Bilder zum Nachschreiben angeboten. „Der Lernende kann den Schriftzug einfach nachfahren. Damit wird das Gelernte verinnerlicht und auch die Umstellung von rechtsläufiger auf linksläufiger Schrift erleichtert“, erklärt Pikl.

Es wird kostenlos zur Verfügung gestellt

Pikl entwickelte das Sprachprogramm, welches auf jedem Betriebssystem installiert werden kann, in Eigenregie und stellt es kostenlos zur Verfügung. „Das ist mein Beitrag, um den Menschen zu helfen und bei der Integration zu unterstützen“, begründet Pikl kurz und bündig sein Engagement. Sein kostenloses Sprachprogramm soll nun auch in anderen Asylunterkünften Einzug halten. „Ich bin in Kontakt mit vielen Bürgermeistern und auch das Bundesministerium für Inneres habe ich davon in Kenntnis gesetzt. Lediglich um die Computer müssen sich die Einrichtungen selber bemühen“, so Pikl.

Heimische Unternehmen spendeten Computer

In St. Johann ist das Programm nun seit rund zwei Wochen in Betrieb. Heimische Unternehmen spendeten neun gebrauchte Computer. In einer der Asylunterkünfte wurde ein eigener Schulungsraum eingerichtet. „Die Menschen wohnen in den Unterkünften ohnehin schon auf sehr beengtem Raum, deshalb ist ein eigener Schulungsraum unabdingbar“, erklärt Gemeinderätin Melanie Hutter, die die Freiwilligenarbeit in der Marktgemeinde koordiniert. Mittlerweile engagieren sich in St. Johann 38 Ehrenamtliche als Deutschlehrer. „Auch für sie ist das Programm sehr nützlich“, betont Hutter.

Selbstständig eine Sprachbasis erarbeiten

Ziel ist es, dass jeder sich selbstständig eine Sprachbasis erarbeitet. „Die Asylwerber fragen immer danach, ob und wann sie arbeiten dürfen. Wir erklären ihnen dann, dass sie zuerst Deutsch lernen müssen. Die Sprache öffnet Türen“, veranschaulicht Hutter. Mit dem Sprachprogramm „kimmher“ wurde nun eine sehr unkomplizierte Möglichkeit geschaffen, diese Türen zu öffnen.

Mehr Informationen zu dem Projekt unter www.kimmher.at.  
Johanna Monitzer

Bild: Sprache lernen per Mausklick – der St. Johanner Kurt Pikl (re.) hat ein Programm entwickelt, mit dem Asylwerber unabhängig vom Bildungsstatus eine erste Sprachbasis selbstständig erlernen können. Foto: Monitzer

 
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