Der Koloss von Kitzbühel
Hoch über der Gamsstadt thront, mitten im Wald und im steilen und unwegsamen Gelände, eine riesige, uralte Fichte. Stattliche 43 Meter ist sie hoch, mit einem Stammumfang von knapp sechs Metern in Brusthöhe sowie einem Stammdurchmesser von 1,73 Metern.
Die weiteste Ausladung der Äste beträgt sieben Meter. „Diese Fichte zählt vermutlich zu den ältesten Bäumen in der Region“, weiß Dr. Wolfgang Österreicher, Naturschutzbeauftragter der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel, „sie ist geschätzte 330 Jahre alt.“ Er war es auch, der auf Drängen von Oberschulrat Peter Brandstätter dafür sorgte, dass der Baum 2003 zum Naturdenkmal erklärt wurde.
Almweide mit Viehunterstand
Das „Gschwand“ mit dem „Gschwandbaum“ ist am westlichen Rand der Malernalm in Richtung Griesalm zu finden. Dabei dürfte es sich um eine ehemalige Almweide mit Viehunterstand gehandelt haben. Die Bezeichnung „Gschwand“ stammt von „schwenden“ (=urbarmachen). So könne man mit Sicherheit annehmen, dass diese zusätzliche Weide zur Alm erst im Mittelalter entstanden ist, schrieb Oberschulrat Brandstätter in einem für die Kitzbüheler Stadtzeitung im März 2000 erschienenen Beitrag.
Bei der mächtigen Fichte handelt es sich eigentlich um eine sogenannte „Schermtax“, also eine allein stehende Fichte bei einem Viehscherm. „Wenn das Vieh in den Scherm nicht einstehen will und lieber im Freien bleibt, kann es unter der Schermtax stehen und so der Mittagshitze ausweichen“, lautete die Erklärung von Oberschulrat Brandstätter.
Dass die Fichte ein derart stattliches Alter und eine derart mächtige Statur erreichen konnte, hängt im Wesentlichen mit ihrer einstigen Nutzung als Schermtax zusammen. „Die Tiere sorgten regelmäßig für Düngung und damit für einen nährstoffreichen Boden“, beschreibt Dr. Österreicher im Gespräch mit dem Kitzbüheler Anzeiger. Durch den nahen Bach sei außerdem immer für Feuchtigkeit gesorgt. Früher, als Baum und Viehunterstand noch nicht von Wald umgeben waren, sondern auf der Weide frei standen, gab es auch noch genügend Licht.
Doch auch jetzt, da der einstige Scherm verfallen ist und sich rund um die Schermtax weitere Fichten angesiedelt haben, befindet sich der Koloss in sehr gutem Zustand. „Diese Fichte ist sehr gut beieinander, sie wird sicherlich noch weiter wachsen“, freut sich der Naturschutzexperte Dr. Wolfgang Österreicher. A. Fusser