Kitzbüheler Anzeiger
06.10.2015
News  
 

Als Zuckerl ein Freizeitwohnsitz

Die St. Johanner Gemeindeführung widmet gezielt Freizeitwohnsitze damit Hotelinvestoren ihre Projekte realisieren.

St. Johann | Laut dem Tiroler Raumordnungsgesetz Paragraph 13 dürfen nicht mehr als acht Prozent Freizeitwohnsitze in einer Gemeinde gemeldet sein, sonst ist eine Neuwidmung nicht mehr möglich. Die Marktgemeinde St. Johann gehört zu den wenigen Gemeinden, die unter dieser Prozentmarke liegen und darf somit noch Flächen zur Freizeitnutzung widmen.

Seit 2012 verfolgt die Gemeindeführung nun die Strategie, gezielt Freizeitwohnsitze zu widmen, um Hotelinvestoren in die Region zu locken. „Wir verfolgen hier  den wohl rigorosesten Weg im Bezirk - um nicht zu sagen im Land Tirol“, erklärt Bürgermeister Stefan Seiwald dem Kitzbüheler Anzeiger.

Durch Widmungen Bettenrückgang stoppen

Zuletzt widmete die Gemeindeführung den Investoren vom Hotel Kaiserfels, dem Hotel SportArt und den Kitz Alpen Resorts Flächen zur Freizeitnutzung. „Durch die gezielten Widmungen ist es uns gelungen, den Bettenrückgang innerhalb der letzten 10 Jahre von fast 20 Prozent beinahe zur Gänze aufzuholen“, zeigt Seiwald auf.  

Widmung ist an Auflagen geknüpft

Die Marktgemeinde versucht sich so gut als möglich gegen einen Missbrauch der begehrten Widmungen abzusichern und hat sich auch selbst Auflagen auferlegt. So darf die Gemeindeführung nur Freizeitwohnsitze im Zusammenhang mit strukturierten Beherbergungsbetrieben genehmigen. „Der Antragsteller muss ein professionelles Hotelkonzept mit der Verpflichtung der Führung des Hotelbetriebes nachweisen“, erklärt der Bürgermeister. Auch muss sich der Freizeitwohnsitz unmittelbar beim Hotelareal befinden und nirgends anders. „Es handelt sich eigentlich um keine klassischen Zweitwohnsitze, da ein Hotelkonzept dahinter steht. Dadurch wird auch eine weitere Verhüttelung in der Ortschaft vermieden“, so Seiwald.

Vorgangsweise wird auch kritisch gesehen

Die Vorgangsweise der Gemeindeführung wird aber nicht ohne Skepsis gesehen. „Anstatt, dass sich Gemeinden mit aller Energie um leistbaren Wohnraum für die Bewohner kümmern, werden Deals mit finanzstarken Zuzüglern gemacht, die die Wohnkosten für die Allgemeinheit weiter erhöhen. Das Locken von Investoren mit Freizeitwohnsitzen ist eine falsche Politik“, findet Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider.

Auch LH-Stv. Josef Geisler (ÖVP), der für den Grundverkehr zuständig ist, sieht die Entwicklung kritisch. Freizeitwohnsitze ergeben keinen Mehrwert für die betreffende Gemeinde“, äußerte er sich vor Kurzem zu diesem Thema.

Wertschöpfung durch „warme Betten“

Der St. Johanner Bürgermeister sieht das anders. „Diese Aussagen sind für viele Orte zutreffend. St. Johann kann aber aus jedem Freizeitwohnsitz eine Wertschöpfung durch den Tourismus beziehen“, erklärt Seiwald. Er weist darauf hin, dass in anderen Ländern nach Möglichkeiten gesucht wird, wie Freizeitwohnsitze zur Finanzierungsoptimierung von „warmen Betten“ ermöglicht werden können. Auch TVB-GF Gernot Riedel sieht es positiv: „Wenn anstelle von dauerhaft leerstehenden Ruinen ordent­liche und gepflegte Wohnanlagen entstehen oder vereinzelte Freizeitwohnsitze zur Finanzierung touristischer Betten vergeben werden, ist das für mich durchaus im grünen Bereich.“  
Johanna Monitzer

Bild: Dem Investor des Hotel Kaiserfels widmete die St. Johanner Gemeindeführung Flächen am Hotelareal zur Freizeitnutzung. St. Johann ist eine der wenigen Gemeinden in Tirol, die Freizeitwohnsitze noch widmen dürfen. Foto: Monitzer

 
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